Die französische Emmaus-Bewegung, die sich gegen Obdachlosigkeit und Armut einsetzt, hat am Mittwoch auf ihrer Homepage bekannt gegeben, dass gegen ihren Gründer Abbé Pierre glaubwürdige Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs vorliegen.
Insgesamt gebe es bisher Zeugenaussagen von sieben Frauen, die von sexuellen Übergriffen und Belästigungen während des Zeitraums von 1970 bis 2005 berichten. Eine der Frauen sei zum Zeitpunkt der ersten Tat zwischen 16 und 17 Jahre alt und damit minderjährig gewesen sein. Unter den mutmaßlichen Opfern seien sowohl Angestellte als auch Ehrenamtliche sowie junge Frauen aus dem persönlichen Umfeld von Abbé Pierre.
Der Veröffentlichung der Missbrauchsvorwürfe liegt laut Emmaus eine längere Untersuchung zu Grunde, nachdem vor einem Jahr zum ersten Mal Anschuldigungen der sexuellen Gewalt durch Abbé Pierre intern bekannt geworden seien. Daraufhin habe sich eine Delegation der Emmaus-Bewegung mit dem Opfer getroffen und seine Zeugenaussage eingeholt.
Die Emmaus-Bewegung hält nach eigenen Aussagen die bisherigen Anschuldigungen der sieben Frauen für glaubwürdig und sicherte den Geschädigten ihre Solidarität zu. Es sei zu vermuten, dass es weitere Fälle und Opfer gebe. Entsprechend wurde eine Anlaufstelle eingerichtet, an die sich Betroffene per E-Mail oder Telefon anonym wenden können.
Abbé Pierre hatte Emmaus im Jahr 1949 gegründet. Seit 1969 ist die sozialkaritative Organisation unter dem Dachverband "Emmaus International" weltweit in 39 Ländern tätig. In Frankreich, wo Emmaus beispielsweise tausende Sozialwohnungen verwaltet, engagieren sich einer Erhebung aus dem Jahr 2007 zufolge rund 15.000 Menschen. Wie Emmaus in der Pressmitteilung betonte, machten die nun bekannt gewordenen Taten es notwendig, die bis dahin hochgeschätzte Person ihres Gründers neu zu bewerten. DT/sost
Lesen Sie mehr über den Fall Abbé Pierre in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".