Medjugorje: Hauke kritisiert Vatikan für Umgang mit „Erscheinungen“

Bevor eine pastorale Antwort erfolgt, hätte die Frage der Echtheit gestellt werden müssen, meint der Theologe Manfred Hauke. Das Vorgehen des Vatikan sei ähnlich fehlerhaft wie der Umgang mit den chilenischen Missbrauchsfällen.
Medjugorje
Foto: Rolf Haid (dpa) | 50.000 Jugendliche strömten Anfang August in die Herzegowina – in einen kleinen Ort, an dem die Gottesmutter seit Jahrzehnten machtvoll wirkt.

Der neue Apostolische Visitator, Erzbischof Hoser, hat kürzlich festgestellt, dass das Pilgerwesen im bosnisch-herzegowinischen Ort Medjugorje den Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils entspricht. Hoser erklärte jedoch auch, sich nicht mit dem Inhalt der „Erscheinungen“ beschäftigt zu haben, da dies nicht seine Aufgabe sei.

"Trennung von Wahrheit der Botschaften und Seelsorge"

Der Vorsitzende der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie, Manfred Hauke, bezeichnet dies als „Trennung von Wahrheit der Botschaften und Seelsorge“, die er nicht befriedigen könne. „Zuerst muss die Frage der Echtheit gestellt werden, erst dann kann die pastorale Antwort erfolgen“, meint Hauke im Gespräch mit der „Tagespost“. Dazu gehöre auch die Aufmerksamkeit für die Menschen, die Medjugorje besuchten.

Dem Zweiten Vatikanischen Konzil zufolge, so Hauke, seien die Formen der Marienverehrung zu fördern, die „vom Lehramt empfohlen wurden“. „Dazu gehört zweifellos nicht, am kommenden 5. August wiederum ein Jugendfestival zu feiern, das sich auf die Botschaft beruft, die Gottesmutter habe am 5. August 1984 ihren 2000. Geburtstag gefeiert.“ Damit wäre sie im historischen Jahr der Geburt Jesu neun Jahre alt gewesen.

Handhabung des Problems vom Kopf auf die Füße stellen

Der Kirche wirft Hauke eine fehlerhaften Umgang mit den angeblichen Marienerscheinungen in Medjugorje vor. „Die gegenwärtige Handhabung des Problems wäre vom Kopf auf die Füße zu stellen.“ Zunächst müsste der Heilige Stuhl eine Verlautbarung veröffentlichen, so Hauke, die sich von geschichtlichen Fakten und theologischen Klärungen gestützt über das Phänomen der angeblichen Erscheinungen äußerte. „Erst dann wären die pastoralen Fragen zu regeln, die sich nach einer Enthüllung der zugrunde liegenden Fakten und Skandale wahrscheinlich nach und nach von selbst lösen würden.“

Zudem hält Hauke es für „schwerwiegend“, dass der Vatikan einen „Mantel des Schweigens“ über die sittlichen Skandale gebreitet habe, die mit den „Erscheinungen“ verbunden seien. „Diese skandalösen Tatsachen sind durchaus vergleichbar mit den Missbräuchen in Chile: Der Heilige Stuhl griff erst dann ein, als die Wahrheit nicht mehr zu verbergen war, weil die nichtkirchliche Presse auf Weltebene Interesse zeigte“, meint der Theologe. Um Ähnliches im Fall von Medjugorje zu verhindern, brauche es den Mut zur Aufdeckung zahlreicher für die Kirche unbequemer Tatsachen.

Eine komplett andere Handhabung der angeblichen Erscheinungen von Medjugorje fordert der Theologe Manfred Hauke. Lesen Sie seine Kritik am Vorgehen des Vatikan in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 02. August. Kostenlos erhalten Sie diese Ausgabe hier.
DT

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