Die katholische Kirche sieht sich in Kenia zusehends von der Regierung in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt. So erhöhte Anfang des Jahres Präsident William Ruto die Gebühren für Visa, darunter die Kosten für die sogenannte „Missionserlaubnis“, die Missionare und gemeinnützige Arbeiter beantragen müssen, um in Kenia tätig sein zu dürfen. Nach Angaben der katholischen Bischofskonferenz wurden die Gebühren von 15.000 kenianischen Schilling, das entspricht rund 115 US-Dollar, auf 150.000 kenianische Schilling, also rund 1.500 US-Dollar, erhöht. Die Gebühr muss alle drei Jahre bezahlt werden.
Die katholische Bischofskonferenz kritisierte laut ACN Afrika das Vorgehen und forderte die Regierung auf, die Erhöhung zu überprüfen. Der Schritt sei „absolut unethisch“ und „Ausdruck mangelnder Dankbarkeit gegenüber Menschen, die ihr Leben dem Wohl der Gesellschaft widmen“, zitiert ACN Afrika die Bischöfe. „Wir als Land sollten unsere Dankbarkeit und Wertschätzung zeigen, indem wir Priestern, Ordensleuten und anderen Freiwilligen, die in der sozialen Mission tätig sind und unser soziales Engagement ergänzen, eine Freistellung gewähren. Wir fordern, dass ihre Arbeitserlaubnis zum Nulltarif erteilt wird.“
Kirche wird aus der Bildung zurückgedrängt
Weiter äußern die Hirten laut ACN Afrika ihre Besorgnis über das vorgeschlagene Grundbildungsgesetz 2024. In dem Gesetzestext heißt es, dass „eine Person oder Institution, die ein ausländisches Bildungssystem in Kenia anbieten möchte“, beim Kabinettssekretär eine Genehmigung beantragen müsse. Die Bischöfe sehen darin den Versuch der Regierung, die Kirchen schrittweise aus der Verwaltung und den Schulen zurückzudrängen. „Der vorgeschlagene neue Gesetzesentwurf bedroht (die) entscheidende Rolle der Kirchen in unserem Bildungssystem weiter.“ Die Mitglieder der Bischofskonferenz beklagen, dass die Regierung die Rolle der katholischen Kirche in der Gesellschaft zunehmend untergrabe. Sie nähmen mit Besorgnis die „veränderte Dynamik der Beziehungen zwischen uns und der Regierung“ zur Kenntnis. Die katholische Kirche ist von rund 30 Prozent der Schulen in Kenia der Träger.
Außerdem beklagen die Bischöfe, dass die allgemeine Krankenversicherung Kenias, der Nationale Krankenversicherungsfonds, Rechnungen katholischer Krankenhäuser nicht begleiche. Bischof Norman King'oo Wambua der Diözese Machakos warnte, dass dadurch die Versorgung der Patienten gefährdet sei und die Krankenhäuser in den Ruin getrieben werden könnten. Laut der kenianischen Bischofskonferenz stehen Zahlungen in Höhe von rund 15 Millionen US-Dollar an katholische Gesundheitseinrichtungen aus.
Kirche erledigt zu einem großen Teil die Aufgaben der Regierung
In weiten Teilen des Landes stellt die Kirche die Infrastruktur. So zum Beispiel in der Kriegsregion Turkana im Norden des Landes. Die spanische Priester- und Laiengemeinschaft „Missionsgemeinschaft des heiligen Apostels Paulus“ betreibt dort eine Schule, ein Krankenhaus und vermittelt im Konflikt zwischen den Stämmen der Turkana und der Daasanach. Pater Wycliffe Ochieng, der die Mission dort leitet, erzählt im Gespräch mit der „Tagespost“, dass einige Ordensgemeinschaften bereits Missionare zurückgeschickt hätten, weil die Gebühr für sie nicht bezahlbar sei. Seine Gemeinschaft sei davon nicht betroffen, da alle Missionare ihren Wohnsitz in Kenia hätten. „Aber es entmutigt die Missionare. Denn die katholische Kirche erledigt zu einem großen Teil die Aufgaben der Regierung: Sie betreibt die Schulen, die Krankenhäuser, die Kindergärten, sorgt für Ernährungssicherheit und baut sogar die Brunnen.“
Die meisten, die in der Diözese Lodwar arbeiteten, seien ausländische Missionare. Es gebe zwar einheimische Priester, aber nur wenige. „Wenn also die Regierung die Gebühren für ihre Arbeitserlaubnis erhöht, bedeutet das, dass sich viele zurückziehen und die kirchlichen Zentren geschlossen werden. Die Leidtragenden sind dann die unschuldigen Kinder, die Frauen und die älteren Menschen. Die Auswirkungen haben erst begonnen aufzutreten, aber langfristig wird das zu einer katastrophalen Situation führen, vor allem in ländlichen Gebieten.“