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Kardinal Fernández warnt vor Machtmissbrauch in der Kirche

Missbrauch der Autorität sei viel häufiger geschehen, „als uns bewusst“ sei, so der Präfekt des Glaubensdikasteriums. Amtsinhaber sollen die Würde des Menschen achten.
Kardinal Víctor Manuel Fernández ruft dazu auf, Autorität in der Kirche kritisch zu betrachten.
Foto: IMAGO/Vandeville Eric/ABACA (www.imago-images.de) | Kardinal Víctor Manuel Fernández ruft dazu auf, Autorität in der Kirche kritisch zu betrachten.

Der Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kardinal Victor Manuel Fernández, setzt sich für einen „gesunden Wandel in der Ausübung von Autorität“ in der Kirche ein. Er betont, dass diese „heute zwei grundlegende Eigenschaften“ erfordere: Demut und Respekt vor den Menschen.

In einem auf Facebook verbreiteten Statement stellt Kardinal Fernández zunächst apodiktisch fest: „Jeder, der ein Amt, eine führende Stellung (Autorität) in der Kirche“ innehabe, spüre die Neigung zum Missbrauch. Er weist darauf hin, dass dies verschiedene Formen annehmen könne, einschließlich sexuellen Missbrauchs, Machtmissbrauchs und der Manipulation des Gewissens. Lange Zeit sei davon ausgegangen worden, dass „Autorität eine Art Besitz darstellt, der es ermöglicht, Menschen für die eigenen Zwecke zu benutzen und ihnen eigene Wünsche aufzuzwingen.“

Der Präfekt betont, Missbrauch sei „auf allen Ebenen“ viel häufiger geschehen, „als uns bewusst ist“. Hier nennt er sowohl Priester, die Nonnen, als auch „Männer“, die „ihre Hausangestellten“ missbrauchen. Außerdem habe es eine „verbale Gewalt“ gegeben, die Menschen schnell als „Ehebrecher“, „Sodomiten“, „uneheliche Kinder“, „Degenerierte“, „Sünder“ verurteile und dadurch ihr Selbstwertgefühl zerstöre.

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Notwendige Kritik an „Mystifizierung von Autorität“

Kardinal Fernández fährt fort: Kritik an der Autorität sei „notwendig“ gewesen. „Viele von uns, die wichtige Positionen innehaben“ hätten sich dagegen gewehrt. Dennoch sei diese Kritik entscheidend „für einen gesunden Wandel in der Ausübung von Autorität, die heute zwei grundlegende Eigenschaften erfordert: Demut und Respekt vor den Menschen.“ Dies trage dazu bei, Missbrauch zu verhindern, und helfe verstehen, „warum Papst Franziskus behauptet, dass der Klerikalismus die Hauptursache für den Missbrauch in der Kirche ist, und nicht die Sexualisierung der Gesellschaft“. Es helfe auch, „die Forderung nach einer ‚synodalen‘ Kirche verstehen, in der Autorität nur im Kontext von Mitverantwortung und einer Vielfalt von Charismen verstanden wird.“

Jede „Mystifizierung von Autorität“ müsse kritisch betrachtet werden, so der Präfekt weiter; „Verehrung bestimmter Führungspersönlichkeiten“ sei zu vermeiden, wie es in den vergangenen Jahrzehnten bei den Gründern einiger Institute des geweihten Lebens geschehen sei, die als Meister der Rechtgläubigkeit galten. Ebenso seien „übertriebene Zuschreibungen an bestimmte attraktive Führungsfiguren“ zu hinterfragen, die sie in „verehrte Anführer verwandeln“. Kardinal Fernández erinnert daran, „was in den vergangenen Jahrzehnten mit den Gründern mehrerer Institute des geweihten Lebens passiert ist, die man für Meister der Rechtgläubigkeit gehalten hat.“

Die Überzeugung, dass jeder Mensch unabhängig von Herkunft, Fähigkeiten oder sozialem Status eine von Gott stammende Würde besitzt, wird als „reines Evangelium“ betrachtet, das der Heilige Geist durch die „Zeichen der Zeit“ und durch Papst Franziskus übermittele. In seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ habe sich der Papst an die Welt gewandt und „an den unendlichen Wert jedes Menschen jenseits aller Umstände“ erinnert. Das sei „das reine Evangelium, das vielleicht so oft unter so viel Staub verborgen ist.“ DT/jg

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