Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Missbrauchsvorwürfe um Kardinal Hengsbach

Bischof Overbeck gesteht „persönlichen Fehler“ im Fall Hengsbach ein

Er habe „nach den Standards damaliger Zeit gehandelt“, wofür der Essener Bischof um Entschuldigung bat.
Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen, spricht bei einer Solidaritätsbekundung mit Missbrauchsopfern.
Foto: Bernd Thissen (dpa)

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat in einem Brief an seine Gemeinden um Entschuldigung für seinen Umgang mit dem Fall Hengsbach 2011 gebeten. Er bezeichnete es als persönlichen Fehler, den Missbrauchsvorwurf von 1954 nach der Bewertung durch die Glaubenskongregation als erledigt anzusehen. „Ich stellte die Bewertung, der zufolge die Missbrauchsvorwürfe nicht plausibel seien, selbst nicht infrage. Das war falsch.“ Der Bischof gestand ein, dass den Betroffenen dadurch Unrecht geschehen sei.

Laut Overbeck hatte er den Fall nach der Bewertung durch die Glaubenskongregation als bearbeitet angesehen. Im März diesen Jahres habe er dann eine Mitteilung über einen Missbrauchsvorwurf gegen Hengsbach aus dem Jahr 1967 erhalten. Daraufhin habe er mit dem Erzbistum Paderborn Kontakt aufgenommen, um gemeinsame Recherchen vorzunehmen. Mit dem Wissen darum sei der Vorwurf von 2011 vollkommen neu zu bewerten, so Overbeck.

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Das habe, so der Bischof, auch dazu geführt, dass er die Forscher des IPP für die Missbrauchsstudie des Bistums Essen nicht über den Fall informiert habe. Deshalb habe er auch die damalige Missbrauchsbeauftragte nicht über den Fall informiert, die daraufhin im August 2011 die Anfrage einer Behörde in einer Versorgungsangelegenheit verneint habe, ob dem Bistum Essen Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hengsbach bekannt gewesen seien.

Overbeck will lernender Bischof bleiben

Overbeck gab an, nach den „Standards damaliger Zeit“ gehandelt zu haben, die sich aus heutiger Sicht als vollkommen ungenügend dargestellt hätten. Auch habe er nicht glauben können, dass „ein geschätzter Kardinal, der zugleich mein Vorgänger im Bischofsamt war, anderen Menschen furchtbares Leid zugefügt haben könnte“. Overbeck räumte ein, damit einem Muster gefolgt zu sein, das dem Schutz des Ansehens eines kirchlichen Würdenträgers Vorrang vor den betroffenen Menschen gebe.

 Der Essener Bischof erklärte, er wolle nun die Perspektive der von sexueller Gewalt betroffenen Menschen in den Mittelpunkt stellen und kündigte an, Kontakt mit der sich gerade konstituierenden Aufarbeitungskommission aufnehmen zu wollen, wozu es in den letzten Tagen bereits erste Gespräche gegeben habe. Er wolle „weiterhin ein lernender Bischof sein“. Overbeck unterstütze außerdem ausdrücklich die Überlegung des Domkapitels, das Denkmal des mutmaßlichen Missbrauchstäters und Gründerbischofs des Bistums Kardinal Hengsbach in unmittelbarer Nähe des Domes zu entfernen.

Overbeck steht in der Kritik, weil er trotz ihm bekannter Vorwürfe gegen Kardinal Hengsbach im Jahr 2011 ein Denkmal des Gründungsbischofs vor dem Dom eingeweiht hatte. DT/sdu

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