Der biblische Auftrag, sich nicht dieser Welt anzugleichen und das eigene Denken zu erneuern, verlangt nach Distanz zu ungeprüften Thesen. Was als frisch gewonnene Erkenntnis der Wissenschaft oder neuer „humanwissenschaftlicher Sachstand“ gilt, taugt nicht automatisch als Maßstab. Insofern ist das jüngste Papier der Schulkommission der deutschen Bischöfe zur sexuellen Vielfalt an Schulen, das einschlägige Handlungstexte des Synodalen Wegs für die Schulpastoral und -pädagogik für die Praxis aufbereiten will, kritisch zu sehen. Denn Thesen des Papiers, beispielsweise die Auffassung, dass homo-, bi- oder asexuelle Orientierungen „Normvarianten menschlicher Liebesfähigkeit“ seien, müssen dem wissenschaftlichen Diskurs unterzogen werden, der beispielsweise auch die Entwicklungspsychologie einschließt. Gleiches gilt für die Behauptung der Existenz einer „Vielfalt sexueller Identitäten“.
Die argumentative Fragilität dieses Papiers ist übrigens auch den deutschen Bischöfen bewusst. Nach Informationen dieser Zeitung wies eine qualifizierte Mehrheit der deutschen Diözesanbischöfe den von der Kommission für Erziehung und Schule unter Vorsitz von Bischof Heinrich Timmerevers erarbeiteten Text im Ständigen Rat ab, sodass er nicht als Dokument der deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht wurde. Es handelt sich lediglich um ein Kommissionspapier – und selbst innerhalb der zuständigen Schulkommission gab es dem Vernehmen nach Widerstand. Nicht das Gesamt der deutschen Bischöfe, sondern eine episkopale Interessengruppe steht hinter dem Text. Was als Maßgabe für Pädagogen publiziert worden ist, spiegelt auf den zweiten Blick die Spaltung innerhalb des deutschen Episkopats wider.
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