Am 2. November begeht die Kirche den Gedenktag Allerseelen. Vielen ist dieser Tag vertraut – und doch wird er nicht selten mit Allerheiligen verwechselt, das am Tag zuvor gefeiert wird. Dabei haben beide Feste eine ganz eigene Prägung: Am 1. November richtet sich der Blick in den Himmel – am 2. November bleibt er auf der Erde.
Während die Kirche an Allerheiligen die vollendete Gemeinschaft der Heiligen im Licht Gottes feiert, ist Allerseelen der Tag, an dem sie in besonderer Weise der Verstorbenen gedenkt, die noch auf dem Weg der Läuterung sind und sich im Fegefeuer auf die ewige Gemeinschaft mit Gott vorbereiten.
Verbundenheit über den Tod hinaus
Vielleicht entzünden viele an Allerseelen nur noch aus reiner Gewohnheit eine Kerze auf dem Friedhof. Im Grunde soll dies jedoch Ausdruck des christlichen Glaubens an die bleibende Gemeinschaft der Lebenden und der Toten sein, der communio sanctorum. Besonders schön, aber vielerorts in Vergessenheit geraten, ist der Glaube, dass die Gläubigen den Verstorbenen durch ihre Gebete helfen können. Arme Seele können nicht für sich selbst beten. Unsere Gebete aber „können den Verstorbenen helfen, ihren Weg zur endgültigen Begegnung mit Gott zu vollenden“, lehrte Papst Benedikt XVI..
In einer Welt, in der der Tod oft verdrängt wird und in der Individualität und Egoismus oft das Sagen haben, erinnert Allerseelen daran, dass Christen auch über das irdische Leben hinaus verantwortlich füreinander bleiben — und dass Gebete eine Macht haben: Allen Kindern Gottes, den Erben Christi, steht der Himmel offen. Alles, was Jesus tat, können die Gläubigen heute auch in Seinem Namen tun.
Geläutert in der brennenden Liebe
Wenn Menschen nun für Arme Seelen im Fegefeuer beten, dann handelt es sich um eine gute Tat. Schon in der frühen Kirche war das Gebet für die Verstorbenen selbstverständlich. Die Liturgie der Allerseelenmesse bringt dies durch entsprechende Lesungen, Fürbitten und Gesänge zum Ausdruck. Das mag aus der Mode gekommen sein, an „Fegefeuer“ glauben viele nicht mehr; und doch gehört es zur Lehre und zum Glauben der Kirche, dass die meisten Menschen durch diesen Läuterungsort gehen müssen, bevor sie auf ewig beim himmlischen Vater Hochzeitsmahl halten können. Der heilige Johannes vom Kreuz schrieb: „Die Seele, die sich Gott nähern will, muss geläutert werden von allem, was nicht Liebe ist.“
Das hat nichts mit Strafe zu tun, sondern mit Barmherzigkeit und mit der heilenden, brennenden Liebe Gottes, die alles im Menschen verwandelt, was noch nicht ganz Ihm gehört. Wer im Fegefeuer ist, ist zudem bereits gerettet; Die Barmherzigkeit Gottes nimmt den Menschen an, wie er ist – aber sie lässt ihn nicht, wie er ist.
Ursprünge des Festes
Das Fest Allerseelen ist im Jahr 998 entstanden als Odilo von Cluny, Cluniazensermönch und fünfter Abt von Cluny in Südfrankreich, für die Klöster seines Ordens festlegte, dass jährlich am 2. November für Verstorbene gebetet werden solle – besonders für jene, die sich noch im Fegefeuer befinden und das vollendete Heil ersehnen.
Odilo war Teil der cluniazensischen Reformbewegung, die im 10. und 11. Jahrhundert viele Benediktinerklöster prägte und großen Wert auf das Totengedenken legte. Auch verband er schon die Praxis, für Arme Seelen zu beten, mit dem Gedanken der universalen Gemeinschaft aller Glieder der Kirche: Kirche auf Erden, im Himmel und im Fegefeuer. Von Cluny aus verbreitete sich das Allerseelenfest bald in ganz Westeuropa. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Fest in den römischen liturgischen Kalender aufgenommen und damit für die Kirche weltweit verbindlich.
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