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Befreiungstheologe Gustavo Gutierrez wird von Kardinal Müller gewürdigt

Am 08. Juni wird der peruanische Befreiungstheologe Gustavo Gutierrez 90 Jahre alt. Mit Kardinal Gerhard Ludwig Müller verbindet Gutierrez eine lanjährige Freundschaft. Man spüre, dass er ein großer theologischer Denker sei und jemand der die Menschen liebt, so Müller.
Gustavo Gutierrez und Gerhard Ludwig Müller
Foto: Romano Siciliani (KNA) | Der Befreiungstheologe Gustavo Gutierrez (l.) und Kardinal Gerhard Ludwig Müller (r.), Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, am 13. Mai 2015 im Vatikan.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller würdigt den peruanischen Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez zu dessen 90. Geburtstag am 8. Juni. „Man spürt einfach, dass er nicht nur ein großer theologischer Denker ist, sondern ein Seelsorger, der die Menschen liebt“, sagte der ehemalige Präfekt der Vatikanischen Glaubenskongregation im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Er ist ja sehr klein und im Gehen etwas behindert, aber er hat eine riesige Ausstrahlung“, beschreibt Müller den Theologen, mit dem er seit vielen Jahren befreundet ist und der mit seinem 1971 erschienenen Buch „Theologie der Befreiung“ zum Mitbegründer und Namensgeber der Befreiungstheologie wurde: „Man merkt ihm zu jeder Zeit das innere Feuer an, seine große Bereitschaft zum Einsatz für die Armen und Ausgebeuteten in Peru und ganz Lateinamerika.“

Gustavo Gutierrez: Theologie und keine Soziologie

Im Interview erinnerte Müller auch an Vorbehalte vor der ersten Begegnung 1988 - „etwa hinsichtlich marxistischer oder rein philosophischer Färbungen“ der Befreiungstheologie. Gutierrez habe aber schnell klargestellt, „dass die Theologie der Befreiung eine Theologie ist und nicht ein verunglückter Ausflug in die Soziologie, in die Politikwissenschaft oder gar in die politische Agitation“. Natürlich habe die Kirche auch wichtige politische Aufgaben, ergänzte der Kardinal. Schließlich habe auch Jesus nicht nur auf das Reich Gottes im Jenseits verwiesen, sondern „Kranke geheilt, sich um Aussätzige und andere an den Rand gedrängte gekümmert und immer wieder auf die Würde jedes einzelnen Menschen hingewiesen“.

Gutierrez habe dies einmal so ausgedrückt: „Man kann nicht von der Liebe Gottes sprechen und gleichzeitig zusehen, wie Menschen in ihrer Würde mit den Füßen getreten werden.“ Auch heute noch müsse „die Kirche ihre kritische Stimme erheben gegen Ausbeutung, Unterdrückung und alle Angriffe auf die Menschenwürde“, betonte der Kardinal.

Anders als andere Befreiungstheologen sei Gutierrez nie vom Vatikan gemaßregelt worden, so Müller weiter, weil er „von Anfang an den theologischen Blick gehabt und nicht nur durch die Brille der Soziologen, Psychologen oder Politologen geschaut“ habe. Jede Theologie überschreite Grenzen, wo sie zur „innerweltlichen Ideologie“ werde oder wo Theologen meinten, ihre Vorstellungen müssten in Gänze von der ganzen Kirche angenommen werden.

DT/KNA

 

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