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Das Grabmal Papst Hadrians VI.

Das Grabmal Papst Hadrians VI. zeigt zum letzten Mal in der Geschichte der Papst-Gräber den verstorbenen Pontifex schlafend. Das ist nicht die einzige Besonderheit eines Grabes, das es eigentlich überhaupt nicht hätte geben sollen.
Grab Hadrian
Foto: wikimedia commons (SteO153) | Das Grabmal von Papst Hadrian VI. Er war der letzte Papst, der schlafend dargestellt wurde. Foto: wikimedia commons

Zum Glück bemessen sich die Größe und das Aussehen eines Papstgrabmals nicht danach, wie lange ein Papst regiert hat. Denn bei einer Amtszeit von nur 18 Monaten wäre das Grabmal Papst Hadrians VI. wohl eher spärlich ausgefallen. Alles andere als das ist nämlich der in Größe und Ausstattung recht imposante Epitaph Hadrians VI. in der römischen Kirche Santa Maria dell‘ Anima.

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Er wollte kein Epitaph

Nach dem Tod Papst Hadrians VI. am 14. September 1523 – manch einer schließt eine Vergiftung als Todesursache nicht aus, wenngleich die offizielle Version „Fiebertod“ lautet – ruhten seine sterblichen Überreste zunächst in einem schlichten Backsteingrab in Sankt Peter. Danach, wie Teile der Forschung vermuten, folgte eine Umbettung Hadrians in die Andreaskapelle und Beisetzung des päpstlichen Leichnams in einem antiken Sarkophag.

Wahrscheinlich hätte Hadrian an seiner ersten Ruhestätte, dem schlichten Backsteingrab, Gefallen gefunden, denn wie er selbst zu Lebzeiten verkündete, wollte er überhaupt kein Grabmonument. Über diesen frommen Wunsch setzte sich einer jedoch geflissentlich hinweg: sein Vertrauter und Freund Wilhelm von Eckenvoirt, Bischof von Utrecht. Ihn hatte Hadrian VI. nur vier Tage vor seinem Tod, am 10. September 1523 noch zum Kardinal gemacht – dem ersten und einzigen seines gesamten Pontifikats.

Hadrian galt als Deutscher

Kennt man diesen Umstand, ist es nur wenig verwunderlich, dass sich der treue Gefolgsmann nach dem Tod Hadrians VI. als edler Spender und Auftraggeber seines Grabmals herausstellte. Jedoch nicht der Petersdom, sondern Santa Maria dell‘ Anima sollte das Grabmonument Hadrians aufnehmen – der antike Sarkophag wurde übrigens später das Grab Papst Julius‘ III. Die Kirche ist seit ihrer Gründung durch die großzügige Spende eines niederländischen Ehepaars im 14. Jahrhundert die Kirche der deutschen Katholiken in Rom. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts verstand man unter „deutsch“ allerdings noch das Gebiet des Heiligen Römischen Reiches – heute besteht die Gemeinde von Santa Maria dell‘ Anima aus deutsch sprechenden Katholiken.

Da der in Utrecht geborene Hadrian VI. nach diesem Verständnis Deutscher war, ist die Wahl des Aufstellungsortes für sein Grabmonument nicht überraschend. Zum leitenden Baumeister des Grabmals, das sich an der nördlichen Chorwand von Santa Maria dell‘ Anima befindet, bestimmte Kardinal Eckenvoirt den toskanischen Maler und Architekten Baldassare Peruzzi. Dieser hatte sich besonders durch seine Zeichnungen antiker römischer Bauwerke einen Namen gemacht.

Zudem zählte Peruzzi zu den Lieblingskünstlern Agostino Chigis. Der päpstliche Bankier, Unternehmer und einer der mit Abstand reichsten Männer der Renaissance förderte Peruzzi während seiner römischen Zeit und übertrug ihm sein Herzensprojekt, den heute als Villa Farnesina bekannten Palast am Tiberufer im römischen Stadtteil Trastevere.
Peruzzis Hadrian-Grabmal ist als mehrgliedriges Wandgrab konzipiert, dessen Grundstruktur einem Triumphbogen aus weißem Carrara-Marmor nachempfunden ist.

Kardinaltugenden auf dem Grab

Architektonische Elemente wie Säulen und Lisenen aus buntem Marmor komplettieren neben zahlreichen Skulpturen und Reliefdarstellungen die Grundform des Grabmals. Das Zentrum des Grabmals bildet die Figur des Verstorbenen, die, in Pontifikalkleidung gekleidet, schlafend dargestellt ist. Die Skulptur ruht auf einem mit Papstwappen und -namen verzierten Sarkophag, unter dem die Inschrift „Oh Schmerz! Wie viel hängt davon ab, in welche Zeiten auch des besten Mannes Wirken fällt“ zu lesen ist. Dass es sich bei Hadrian zweifelsohne um einen der besten Männer handelte, belegen die Personifikationen der vier Kardinaltugenden „Fortitudo“ (Tapferkeit) mit einem Löwen unten links, rechts „Iustitia“ (Gerechtigkeit) sowie oben links und rechts „Temperantia“ (Mäßigung) und „Prudentia“ (Klugheit) mit Spiegel und Schlange. Unterhalb des Sarkophags verkündet ein detailliert ausgearbeitetes Relief den Einzug Hadrians VI. in Rom nach der gewonnenen Wahl.

Im Aufbau seines Papstgrabes beschritt Peruzzi keine wirklich neuen Wege. Insbesondere die Gräber Pius‘ II. und Pius‘ III. in der nur wenige Gehminuten von Santa Maria dell‘ Anima entfernten Kirche Sant‘ Andrea della Valle dienten ihm wohl als Vorbild. Auch mit der Wahl, Hadrian VI. liegend, mit geschlossenen Augen darzustellen, blieb Peruzzi noch in der Tradition der Papst-Grabmäler.

Allein in dem Aufstützen des Hauptes mit der schweren Tiara auf den linken Arm weicht Peruzzi etwas ab. Dass mit dem Grab Hadrians VI. diese Tradition jedoch enden würde und Hadrian der letzte friedlich ruhend dargestellte Papst sein würde, konnte Peruzzi nicht ahnen. Künftig sitzen die Päpste meist auf einem reich verzierten Thron oder knien, bis sie sich schließlich im 18. Jahrhundert sogar erheben und immer häufiger stehend dargestellt werden.

Der Papst schläft

Das wirklich Neue und Besondere am Grabmal Hadrians VI. sind aber vor allem die bunten Marmorsäulen sowie die in Buntmarmor abgesetzten Sockel und Lisenen. Denn zum ersten Mal verwendete ein Künstler weißen gemeinsam mit buntem Marmor bei ein und demselben Grab. Peruzzi legte damit den Grundstein für eine neue Tradition des Papstgrabes, die für den Barock eine zentrale Bedeutung erlangen und Jahrzehnte später in Berninis Grabmal Papst Alexanders VII. ihren Höhepunkt finden wird.

Mitte des 18. Jahrhunderts veränderten Umbauarbeiten in Santa Maria dell‘ Anima das Aussehen des Grabes vor allem im oberen Bereich. Glücklicherweise blieben die für die architekturgeschichtliche Rolle des Grabmals wichtigen Elemente, der schlafend dargestellte Papst und der neben dem weißen Marmor verwendete Buntmarmor, hiervon unberührt. Hadrian VI. war eben nicht nur der letzte Papst des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen, sondern mit seinem Grabmal endete auch die Reihe der im „Schlaf des Gerechten“ gezeigten verstorbenen Päpste.

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Natalie Nordio Bischof Das Römische Reich Grabinschriften Pius II. Pius III. Päpste

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