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Sarkophage: Zeugnisse der Hoffnung auf das ewige Leben

Christliche Bestattungskultur: Sarkophage ermöglichten die Ganzkörperbestattung. Sie kamen erst nach der Konstantinischen Wende in Mode. Um 400 kam die Produktion zum Erliegen.
Foto: Max Maletzki | Die Bildwelten, die die Sarkophage abbilden, geben einen Eindruck von den christlichen Vorstellungen von Leben und Tod. Dieser Sarkophag ist in den Vatikanischen Museen zu sehen.

In der griechischen Antike und weiten Teilen der römischen Antike waren Brandbestattungen die vorherrschende Beisetzungsmethode. Die Verstorbenen wurden eingeäschert und die Asche vor den Toren der Stadt begraben. Körperbestattungen waren die absolute Ausnahme. Deswegen sind nur wenige Sarkophage aus den Jahrhunderten vor der Geburt Jesu bekannt. Prominente Beispiele sind der Sarkophag des römischen Adligen Scipio Barbatus (circa 270/280 vor Christus) im Museo Pio Clementino und der sogenannte Alexander-Sarkophag (circa 325 vor Christus) im Archäologischen Museum in Istanbul.

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Erst während der Regierungszeit des Kaisers Hadrian (117–138) kamen Körperbestattungen im Römischen Reich in Mode. Aus dem zweiten und dritten Jahrhundert sind zahlreiche Sarkophage mit figürlichen Darstellungen erhalten: Sie zeigen Bilder aus der antiken Mythologie, Jagd- und Kampfszenen sowie Alltägliches aus der Arbeitswelt.

Wichtigste Produktionsstätten für Sarkophage

Die wichtigsten Produktionsstätten für Sarkophage aus dieser Zeit waren Rom, Athen und Dokimeion in Kleinasien. Von diesen blieb in der Spätantike nur Rom übrig. Weitere Produktionszentren entwickelten sich in Konstantinopel und in Aquitanien. Der Marmor für die Herstellung der Särge stammte aus den großen Steinbrüchen des gesamten Mittelmeerraumes, zum Beispiel aus der Umgebung von Carrara, von Thasos oder Prokonnesos.

Die Entwicklung der Sarkophage mit christlichen Darstellungen im vierten Jahrhundert lässt sich am besten am Beispiel der Stadt Rom verdeutlichen, da hier aufgrund der guten Überlieferungslage eine durchgehende Produktion für das gesamte Jahrhundert nachvollzogen werden kann. Die stadtrömischen Sarkophage sind fast ausschließlich von langer, rechteckiger Form. Die Kästen sind von drei Seiten mit Relief verziert, was darauf hindeutet, dass sie direkt an einer Wand aufgestellt wurden. Eine Ausnahme bilden die sogenannten Stadttor-Sarkophage, die auf allen vier Seiten figürliche Darstellungen aufweisen.

Der typische Deckel der Sarkophage ist flach und weist nur an der Front eine senkrecht hochstehende Ansichtsseite auf, die ebenfalls mit Reliefarbeiten verziert wurde. In den Provinzen waren auch andere Deckel wie Satteldächer oder halbzylindrische Formen üblich – ein Beispiel hierfür sind die prunkvollen Sarkophage in Ravenna, die vermutlich in Konstantinopel gefertigt wurden.

Oft wird Christus als der „gute Hirte“ dargestellt

Aus der Zeit vor der Konstantinischen Wende (312/313) sind nur relativ wenige Sarkophage mit christlichen Motiven bekannt. Die Stücke sind in ihrer Gestaltung sehr uneinheitlich. Sie zeigen allegorische Bilder, wie etwa Beter (Oranten), Philosophen oder Christus als Guten Hirten, sowie vermehrt biblische Geschichten, in denen der Aspekt der Rettung durch Gott hervorgehoben wird: Noah in der Arche, die Jona-Geschichte, Daniel in der Löwengrube.

Die Rettungssymbolik ist im Kontext des Todes und des erhofften Nachlebens bei Gott leicht verständlich. Während die meisten Szenen einzeln für sich stehen, bildet sich im Falle der Jona-Geschichte ein Zyklus aus, der aus Meerwurf, Ausspeiung aus dem Meeresungeheuer und Ruhe des Jona besteht. Vergleichbare Darstellungen finden sich auch in der Katakombenmalerei dieser Zeit. Der wohl bekannteste Sarkophag aus dieser Frühphase ist der Wannensarkophag in Santa Maria Antiqua in Rom, auf dem neben den genannten allegorischen Figuren und dem Jona-Zyklus auch die Taufe Jesu im Jordan zu sehen ist.

Rettung, Auferstehung und Bekehrung im Zentrum 

Nach dem Sieg Kaiser Konstantins über Maxentius (312) und der Mailänder Toleranzvereinbarung (313) stieg die Zahl christlicher Grabmonumente drastisch an. Die meisten der stadtrömischen Sarkophage sind aus der Phase von etwa 310–330 erhalten. In Anlehnung an den Stil des Konstantinsbogens (312–315) wird diese Gruppe als konstantinische Fries-Sarkophage bezeichnet.

Die Szenen auf den Sarkophagen wirken gedrängt, die Figuren wenig plastisch, ihre Köpfe sind zumeist auf einer Höhe. Beliebt sind in dieser Zeit Wunderszenen und Heilungen aus den Evangelien, zum Beispiel Brotvermehrungen, das Weinwunder, die Auferweckung des Lazarus oder Blindenheilungen. Rettung, Auferstehung und Bekehrung stehen in dieser Phase im Zentrum der christlichen Grabkunst.

Häufig gesellen sich zu den Christus-Szenen Geschichten aus dem Leben des Petrus: Gezeigt wird, wie der Apostel von Soldaten gefangen genommen wird und wie er eine Quelle hervorsprudeln lässt, deren Wasser als Sinnbild für die Taufe auf seine vorherigen Widersacher herabströmt. Mehrere dieser sogenannten Christus-Petrus-Sarkophage stehen heute im Museo Pio Cristiano im Vatikan, ein weiteres bekanntes Exemplar ist im Museo Nazionale Palazzo Massimo in Rom zu bestaunen.

Der „Schöne Stil“ mit zahlreichen Details

Um die Mitte des vierten Jahrhunderts bildet sich der sogenannte „Schöne Stil“ aus: Die Figuren werden plastischer, im Falle des Brüder-Sarkophags im Museo Pio Cristiano sind sie beinahe freistehend. Wenn auch die Szenen vielfach die gleichen wie in konstantinischer Zeit sind, zeigt der „Schöne Stil“ doch mehr Details.

Nicht selten haben die Sarkophage zwei Bildzonen, auch werden die einzelnen Szenen häufig durch architektonische Elemente wie Säulen oder durch Bäume voneinander getrennt. Das bekannteste Stück dieser Epoche und auch der Höhepunkt der frühchristlichen Sarkophagkunst ist der zweizonige Sarkophag des Stadtpräfekten und Neugetauften Iunius Bassus (358/359), in dessen Zentrum Christus über dem personifizierten Himmelszelt thront.

Um die Mitte des vierten Jahrhunderts kommen zudem die sogenannten Passions-Sarkophage auf: Diese stellen erstmals das Kreuz in den Mittelpunkt und machen es durch Christus-Monogramm und Siegeskranz zum Symbol des Sieges Christi über den Tod – passend für eine Begräbnisstätte.

Das Ende der römischen Sarkophage

Zum Ende des vierten Jahrhunderts nimmt die Produktion in Rom stark ab und kommt wohl um das Jahr 400 völlig zum Erliegen. Die letzten stadtrömischen Sarkophage sind in ihrem Stil wieder weniger plastisch; sie zeigen auch keine einzelnen, voneinander getrennten Szenen mehr, sondern überlassen einem Bildthema eine Ansichtsseite.

Aus dieser Zeit stammt ein fragmentarisch erhaltener Sarkophag in San Sebastiano in Rom, der Christus auf dem Paradies-Hügel zeigt, wie er eine Schriftrolle in den Gewandbausch des Petrus ausrollt. Diese Szene, genannt „Dominus legem dat“ (lat. Der Herr gibt das Gesetz), war vermutlich auch in der Apsis der alten Peterskirche in Rom zu sehen sowie im Mausoleum der Konstantina.

Den Endpunkt der römischen Sarkophage markieren die eingangs genannten Stadttor-Sarkophage, die Christus als Lehrer inmitten der Apostel als Lehrer vor einer angedeuteten Stadtarchitektur zeigen.

Sarkophage haben theologischen und kirchenhistorischen Wert

Die Bilderwelt der frühchristlichen Sarkophage gibt einen einzigartigen Einblick in das Leben und Sterben der Christen in der Spätantike. Auf den Grabmonumenten kommt durch den Bezug auf biblische Erzählungen der Wunsch des Verstorbenen und seiner Angehörigen nach Rettung und Auferstehung zum Ausdruck – die Bewahrung und Auseinandersetzung mit den frühchristlichen Sarkophagen hat daher nicht nur einen kunsthistorischen, sondern auch einen theologischen und kirchenhistorischen Wert.


Der Autor schreibt über geschichtliche Themen.

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