In einem von der „Tagespost“ erstmals auf Deutsch veröffentlichen Text befasst sich der emeritierte Papst Benedikt XVI. mit der „homosexuellen Ehe“ und sieht darin einen kulturellen Bruch: Für den deutschen Papst steht der Begriff „Homo-Ehe“ im Widerspruch zu allen bisherigen Kulturen der Menschheit, er markiere also eine kulturelle Revolution, die sich der gesamten bisherigen Tradition der Menschheit entgegensetze.
Benedikt beklagt "Verbildung des Gewissens"
Es gehe darum nicht um etwas mehr Großzügigkeit und Offenheit, so Benedikt, sondern um die Grundfrage: Wer ist der Mensch? Werde die Sexualität von der Fortpflanzung getrennt, breche der Mensch mit der ihm von Gott zugedachten Würde und Natur. „Damit geht es auch um die Frage: Gibt es einen Schöpfer, oder sind wir alle nur gemachte Produkte?“, schreibt der Emeritus. Für ihn stellt sich die Alternative: „Der Mensch als Geschöpf Gottes, als Bild Gottes, als Geschenk Gottes oder der Mensch als Produkt, das er selber herzustellen weiß. Wo der Schöpfungsgedanke preisgegeben wird, ist die Größe des Menschen preisgegeben, seine Unverfügbarkeit und seine alle Planungen übersteigende Würde.“
Verfasst hat Benedikt XVI. den Text bereits 2015 als Einführung zu seinem jüngsten italienischen Buch, das jetzt beim Verlag Cantagalli unter dem Titel „La vera Europa. Identità e Missione“ (Das wahre Europa. Identität und Mission) mit einem Vorwort von Papst Franziskus erschienen ist. Der emeritierte Papst geht dabei von einer aktuellen Einwicklung aus: Mit der Legalisierung der „homosexuellen Ehe“ in vielen Staaten Europas habe das Thema Ehe und Familie eine neue Dimension angenommen, an der man nicht vorbeigehen könne. „Es zeigt sich eine Verbildung des Gewissens“, so Benedikt, „die offenbar tief in die Kreise des katholischen Volkes hineinreicht. Darauf kann man nicht mit ein paar kleinen Moralismen antworten und auch nicht mit ein paar exegetischen Hinweisen. Das Problem geht tief und muss daher grundsätzlich bedacht werden.“
"Ökologie des Menschen" noch nicht konkret geworden
Ins Zentrum stellt der Papst dabei die „Ökologie des Menschen“. Die Ökologische Bewegung habe die Grenze der Machbarkeit entdeckt und erkannt, dass die „Natur“ ein Maß vorgebe, das nicht ungestraft ignorieren werden könne. Leider sei die „Ökologie des Menschen“ noch immer nicht konkret geworden. „Auch der Mensch hat eine Natur, die ihm vorgegeben ist und deren Vergewaltigung oder Verneinung zur Selbstzerstörung führt. Gerade darum geht es auch im Fall der Schöpfung des Menschen als Mann und Frau, die im Postulat der homosexuellen Ehe ignoriert wird.“ Es erscheine ihm wichtig zu sein, so schließt der Emeritus, „die Frage in dieser Größenordnung zu bedenken. Nur so werden wir unserem Auftrag für den Menschen vor Gott gerecht.“ DT/gho
Lesen Sie den vollständigen Essay von Papst em. Benedikt XVI. in der kommenden Ausgabe der Tagespost.