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Katholiken diskutieren über Ehebegleitung

Chancen und Hoffnungen der Ehe- und Paarbegleitung erkennen: Darum ging es auf der Ehekonferenz des österreichischen Instituts für Ehe und Familie.
IEF Ehekonferenz
Foto: Stefan Schönlaub | Ehebegleiter aus Diözesen, Pfarreien und katholischen Bewegungen nahmen an der Konferenz im Schönstatt-Zentrum Kahlenberg teil.

Unter dem Titel „Ehebegleitung – Chancen und Hoffnungen“ lud das Institut für Ehe und Familie der österreichischen Bischofskonferenz gemeinsam mit der Erzdiözese Wien ein ins Bildungshaus Schönstatt am Kahlenberg zu einem Austausch über Erfahrungen in der Ehebegleitung. Ziel war es, den Teilnehmern aus Diözesen, Pfarreien und Bewegungen einen Austausch über Beispiele gelungener Ehebegleitung zu bieten und Vernetzungsmöglichkeiten in der Begleitung von Paaren aufzuzeigen.

Familienbischof Hermann Glettler betonte in seinem Grußwort, dass Ehe und Familie nicht „nebenbei“ laufen dürfen. Es gelte das Kostbarste zu formen; dies verlange Qualität und Professionalität. „Wir müssen“, so der Bischof, „unsere Kompetenz und Expertise erweitern und jungen Menschen zeigen, dass wir keine Langweiler sind und sie motivieren, dass es sich lohnt, in Ehe und Familie zu investieren.“ Altfamilienbischof Klaus Küng erinnerte an das Zitat von Papst Johannes Paul II., dass „der Weg der Kirche über die Familie geht“. Die Familie, so Küng weiter, sei die Schule des Lebens, der Liebe und des Glaubens und bei diesen Aufgaben müsse sie begleitet werden.

Achtsamkeit, Dankbarkeit, Vergebung

Zur Einstimmung auf die Tagung präsentierte das christliche Magazin „Grandios“ drei Kurzvideos, in denen die Themen Kinderlosigkeit in der Ehe, die Wichtigkeit von Kommunikation und der Tod eines Ehepartners zur Diskussion gestellt wurden. Pater Heinrich Walter, der geistliche Begleiter der Schönstattbewegung in Österreich, wies darauf hin, dass Gott nicht immer alle Wünsche erfüllt, aber gerade in Krisenzeiten an der Seite von Paaren bleibt und diese begleitet. Die Psychotherapeutin Susanne Pointer vom Institut für Ehe und Familie sieht das Zuhören in einer Partnerschaft als entscheidenden Schlüssel einer gelungenen Kommunikation. Es gehe nie um die Schuldfrage, sondern um das Hineinversetzen in den Ehepartner. „Ich verlasse meinen Horizont und versuche, mit den Augen des anderen zu sehen.“ Die „Gastgeber“ Ingeborg und Richard Sickinger möchten mit der Schönstattbewegung Ehepaaren einen Entwicklungsraum bieten, wo sie gemeinsam wachsen können.

Den inhaltlichen Beginn der Ehekonferenz 2024 machte das Ehepaar Regina und Thomas Csanády aus Graz, die aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Ehevorbereitung und -begleitung berichteten. Wie in Amoris Laetitia nachzulesen ist, seien Achtsamkeit gegenüber dem Ehepartner, Dankbarkeit und Vergebung die drei wesentlichen Kriterien einer funktionierenden Ehe. Das Fundament müsse aber der Glaube sein, der Paaren in der Krise hilft diese durchzustehen. Die Referenten hatten auch praktische Tipps bereit. Das gemeinsame Gespräch nie abreißen lassen, nie unversöhnt schlafen gehen und sich Zeit und Zärtlichkeit bewusst schenken. „Altgediente“ Ehepaare sollten für Brautpaare als Hirten vorangehen und zeigen, wie lebendig, bereichernd und fruchtbar Ehe ist. „Die Vorbildwirkung sei noch immer die größte Motivation“, war sich das Ehepaar einig.

Der Moraltheologe Stephan Fraß-Poindl forderte die Kirche zu drei „Mutausbrüchen“ auf. Der Mut zur Realität, etwa bei der Betrachtung von unterschiedlichen Lebensformen. Ferner forderte der Moraltheologe Mut zur Selbstkritik und schließlich Mut zur Gewissensentscheidung. Es müssten biographiesensible Zugänge zu Paaren gefunden werden im Einklang mit der kirchlichen Lehre und der pastoralen Praxis.

Gelingende Praktiken im Austausch

Im anschließenden Expertengespräch wies die Psychotherapeutin Barbara Haid darauf hin, dass Perfektionsdenken und zu hohe Ansprüche an Ehe und Familie oft junge Menschen daran hindern, sich überhaupt auf eine Beziehung einzulassen. „Dranbleiben in einer Ehe, wenn es schwierig wird und daran zu wachsen ist überhaupt nur mehr selten zu finden“, zeichnet die Psychotherapeutin ein düsteres Bild aus ihrer Praxis. Es bedürfe daher Rollenvorbilder, wie Ehe realistisch gelingen kann. Haid setzt auch auf Gruppensetting. Es habe sich in der Praxis bewährt, mehrere Ehepaare in einer Gruppe zusammenzubringen. Die Erfahrung „wir sind nicht allein mit unseren Problemen“ sei ein erster wichtiger Schritt zur Krisenbewältigung. Der Generalvikar für die katholischen Ostkirchen in Österreich, Yuriy Kolasa aus der Ukraine, erzählte aus seiner Heimat, wie die Einführung einer katholischen Ehevorbereitung nach dem Kommunismus die Scheidungsrate fallen und die Geburtenrate steigen ließ. Er sieht die Qualität der Ehevorbereitung aber nur in der Kontinuität, also in der Fortsetzung als Ehebegleitung nach der Hochzeit.

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Beim Podiums-Café, in dem Bischof Glettler mit Vertretern aus der Praxis Chancen für die Ehebegleitung diskutierte, wurden viele positive Ansätze bereits sichtbar. Der Leiter des Familienreferats der Erzdiözese Salzburg, Johannes Czifra, erzählte von der Pfarrei Koppl in Salzburg, die den Brautpaaren mehrere Termine für Ehevorbereitung anbietet. Dabei wird auch ein gemeinsamer Messbesuch vorgesehen, und der Pfarrer lädt die Brautpaare zum gemeinsamen Essen ein und schafft so Vertrauen. Für das Ehepaar Schiffl von der Schönstattbewegung bedeutet die Ehebegleitung eine Chance für die Kirche. Es müsse jungen Paaren vermittelt werden, dass Glaube etwas mit dem Leben zu tun habe und dieser für die Bewältigung des Ehealltags gebraucht werde. Sie identifizieren drei Lebensphasen, in denen Ehebegleitung besonders wichtig ist: Das erste Jahr nach der Eheschließung, die Zeit der Geburt der Kinder und die „leere Nestphase“, in der die Kinder ausziehen und das Ehepaar zu zweit wieder als Paar lebt.

Der Stockerauer Pfarrer Andreas Kaiser setzt auf Ehepaare, die jungen Paaren in Krisensituationen zur Seite stehen. Familienbischof Glettler verkündete abschließend, dass die Familienkommission der Bischofskonferenz eine Initiative „familienfreundliche Pfarre“ gestartet habe. Von Coaches werde in den Pfarreien überprüft, ob es kinderfreundliche Messen gebe, Raum für Begegnungen, Infrastruktur für Familien mit kleinen Kindern, mit dem Ziel Familien einen Raum zu geben, wo sie sich erwünscht und wohl fühlen.

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