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Gaza-Krieg: Jenseits des Schlachtenlärms

Ägypten und Jordanien arbeiten an einer Deeskalation des Nahostkonflikts.
Jordaniens König Abdullah II empfängt den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah Al-Sisi
Foto: IMAGO/Royal Hashemite Court \ apaimages (www.imago-images.de) | Jordaniens König Abdullah II und der ägyptische Präsident Abdel Fattah Al-Sisi arbeiten hinter den Kulissen an einer Entschärfung des Gaza-Konflikts.

Von der Politik wie von der Propaganda unterscheidet sich die Diplomatie unter anderem in der Lautstärke. Wer auf diplomatischem Parkett erfolgreich sein will, muss still agieren. Das ist der Grund dafür, dass im nunmehr sechsmonatigen Krieg Israels gegen die Hamas von zwei Nachbarn vor allem sanfte und leise Töne zu vernehmen sind: Die Regierungen Ägyptens und Jordaniens agieren behutsam und deeskalierend.

Ägypten hat mit Al-Sisi zwar eine säkulare Führung, aber eine überwiegend sunnitische Bevölkerung, deren Gefühle sie im Blick behalten muss. Dennoch ist Kairo (neben Katar) der entscheidende Schauplatz für die diplomatische Suche nach einem Ausweg aus der militärischen Eskalation – und damit aus der humanitären Katastrophe. Dabei hat Ägypten durchaus eigene Interessen: Es braucht die gefahrlose Schifffahrt durch das Rote Meer und zürnt darum den Huthi-Rebellen, es will eine humanitäre Katastrophe vor seiner Haustür ebenso verhindern wie Flüchtlingsströme vom Gazastreifen in den Sinai, und es will ein neuerliches Erstarken der Muslimbrüder und anderer salafistischer Gruppen vermeiden.

Auch Jordanien hat seine Gründe, an einer Deeskalation interessiert zu sein: Angesichts ihrer fragilen Staatlichkeit sind der Irak, Syrien und der Libanon in diesem Krieg zur Aufmarschzone des Iran und seiner Satelliten verkommen. Inmitten dieses schiitischen Minenfelds ringt das auf seine Souveränität bedachte Haschemitische Königreich Jordanien um seine Stabilität. König Abdullah verfügt über wenig militärische Stärke, aber über viel moralische Autorität, weil er in direkter Linie von Mohammed abstammt, und über die traditionelle Verantwortung für die heiligen Stätten des Islam in Jerusalem. Kairo und Amman widerlegen unter hohen Risiken und nicht erst seit dem 7. Oktober 2023 die falsche, aber weit verbreitete These, dass der Nahostkonflikt unlösbar sei, weil es zwischen Juden und Muslimen keine Versöhnung geben könne.

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Stephan Baier Hamas Muslime Sunniten

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