In der Union mehren sich die Stimmen, die eine gesetzliche Änderung des § 218 StGB ablehnen. „Eine Abschaffung oder Aufweichung des Paragraf 218 wird es mit der Union nicht geben“, erklärte der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger. Hintergrund ist der Streit darüber, ob die im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarte Finanzierung vorgeburtlicher Kindstötungen durch die Krankenkassen eine gesetzliche Änderung des Paragrafen 218 StGB erforderlich mache oder nicht.
Die SPD-Kandidatin für einen Richterposten beim Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, hatte in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ erklärt: „Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes darf es eine Leistungspflicht bei Schwangerschaftsabbrüchen nur geben, wenn er rechtmäßig ist. Also geht auch der Koalitionsvertrag davon aus, dass der Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase rechtmäßig ist.“
Winkelmeier-Becker: „Eine Veränderung bei Paragraf 218 ist nicht vereinbart.“
Das sieht auch die SPD so. „Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir die Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen über die aktuelle Regelung hinaus erweitern. Für mich bedeutet das, dass wir diese zu einer Kassenleistung machen wollen“, zitiert „Die Welt“ die SPD-Rechtspolitikerin Carmen Wegge. Und „dafür wäre es tatsächlich erforderlich, den Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase zu legalisieren, weil rechtswidrige Eingriffe nicht über die Krankenkassen finanziert werden können. Hier hat Frau Brosius-Gersdorf recht“, so Wegge weiter.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker interpretiert den Koalitionsvertrag jedoch anders. „Eine Veränderung bei Paragraf 218 ist nicht vereinbart und stünde im klaren Widerspruch zur Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Ungeborenen und zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes.“ Es gebe auch „keinen Anlass zu Interpretationen, dass die Union von der Rechtslage abrücken will“, sagte Winkelmeier-Becker, die in der vergangenen Legislaturperiode Vorsitzende des Rechtsausschusses war.
Union beruft sich auf Rechtsgutachten
Laut Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) hat die Unionsfraktion den Bonner Arbeitsrechtler Gregor Thüsing mit der Erstellung eines Rechtsgutachtens zu dieser Frage beauftragt. Aus dem Gutachten, das der FAZ „exklusiv“ vorliege, zitiert das Blatt Thüsing mit den Worten: „Das Verfassungs- und Sozialrecht bietet dem Gesetzgeber einen – wenn auch engen – Spielraum für eine ,Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung über die heutigen Regelungen hinaus‘“.
Das sieht auch Unionsfraktionsvize Anja Weisgerber (CSU) so. „Eine begrenzte erweiterte Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche ist als sozialpolitische Ausnahmeregelung rechtlich möglich, ohne den Paragrafen 218 reformieren und den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des ungeborenen Lebens schwächen zu müssen“, sagte die CSU-Politikerin der FAZ.
So sieht die derzeitige Regelung aus
Derzeit gilt, dass Abtreibungen, die nach der Beratungsregelung vorgenommen werden, grundsätzlich von der Frau selbst gezahlt werden müssen. Ausnahmen gibt es bei Bedürftigen, die dann einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse stellen können. Bei Abtreibungen nach medizinischer oder kriminologischer Indikation, die als „rechtmäßig “ erachtet werden, werden die Kosten von den Krankenkassen erstattet. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden der Behörde im vergangenen Jahr 106.000 vorgeburtliche Kindstötungen gemeldet. Rund vier Prozent von ihnen, insgesamt 4.240, wurden mit einer medizinischen oder kriminologischen Indikation begründet. DT/reh
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