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Tavistock-Zentrum: Umstrittene Transgender-Klinik in London schließt

Grund ist immer lauter werdende Kritik an einem gender-affirmativen Ansatz und der Gabe von Pubertätsblockern an Kinder ab zehn Jahren.
Keira Bell
Foto: Howard Jones / i-Images via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Bereits 2020 hatte eine Klage der ehemaligen Tavistock-Patientin Keira Bell erreicht, dass in Großbritannien die Gabe von Pubertätsblockern an Kinder unter 16 verboten wurde.

Der britische „National Health Service“ (NHS) wird zum nächsten Frühjahr die Tavistock-Klinik für Transgenderbehandlungen schließen, berichtet „The Telegraph“ am Donnerstag. Die Entscheidung folgt auf ein Gutachten, das die Kinder- und Jugendärztin Hilary Cass im Auftrag des NHS verfasst hat und der im vergangenen März veröffentlicht wurde. Zentrale Kritikpunkte der Spezialistin: ein unhinterfragter gender-affirmativer Ansatz, sowie die unkritische Gabe von Pubertätsblockern an Kinder ab 10 Jahren, obwohl deren Nebenwirkungen noch zu wenig untersucht sind. 

Bisher einzige Klinik mit „geschlechtsangleichender“ Therapie

Der NHS wird laut „The Telegraph“ zukünftig junge Menschen mit einer Geschlechtsdisphorie oder einem „Transitions-Wunsch“ in zwei Kinderkliniken in London und im Nordwesten behandeln. Dort solle ein ganzheitlicherer Behandlungsansatz verfolgt werden, der neben dem Wunsch, das Geschlecht zu wechseln, auch weitere psychische und medizinische Probleme mitberücksichtige, so die britische Wochenzeitung.
Die Klinik des NHS-Trust Tavistock in Nord-London mit einem speziellen „Gender Identity Development Service“ (GIDS) war bisher die einzige Klinik in Großbritannien, die Geschlechtsidentitätsstörungen behandelt und „geschlechtsangleichende“ Therapien anbietet.

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Bereits 2020 hatte eine Klage der ehemaligen Tavistock-Patientin Keira Bell erreicht, dass in Großbritannien die Gabe von Pubertätsblockern an Kinder unter 16 verboten wurde. Bell hatte ihre Entscheidung zu einem Geschlechtswechsel als junge Erwachsene bereut und der Klinik vorgeworfen, ihr durch Pubertätsblocker und gegengeschlechtliche Hormone geschadet zu haben. Die Richter stimmten Bell zu: „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein 13-jähriges oder noch jüngeres Kind fähig wäre, der Verabreichung von Pubertätsblockern zuzustimmen“, lautete es in ihrer Entscheidung. Das Berufungsgericht hatte das Urteil im September 2021 allerdings revidiert, sodass dort bis heute Pubertätsblocker für Kinder verschrieben werden.

Anzahl der Patienten stark zugenommen

Das Gutachten durch Hilary Cass wurde 2020 in Auftrag gegeben, da es Bedenken an der klinischen Entscheidungsfindung zur Gabe von Pubertätsblockern an Kinder von zehn Jahren gab. Auch der starke Anstieg von Patienten von unter 100 im Jahr 2009 auf weit über 2500 im Jahr 2019 sollte untersucht werden.

Sowohl der Bell-Prozess als auch der Cass-Bericht haben ehemaliger Mitarbeiter und Patienten der Klinik ermutigt, mit ihrer Kritik ebenfalls an die Öffentlichkeit zu gehen. Im Juni veröffentlichte „The Times Magazine“ eine umfangreiche Recherche zur Tavistock-Klinik. Darin berichtet unter anderem eine ehemalige Patientin, wie sie mit 12 Jahren in Tavistock Pubertätsblocker erhalten habe, jedoch ohne dass weitere Ursachen für ihren damaligen Hass auf den eigenen Körper untersucht wurden. So habe sie etwa nie thematisieren können, dass sie als Kind Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden war.

Nicht zu gegengeschlechtlichen Hormonen bereit

Als sie schließlich mit 18 Jahren die Pubertätsblocker absetzen wollte und nicht dazu bereit war, auch gegengeschlechtliche Hormone zu nehmen und eine Operation ins Auge zu fassen, stieß sie auf das Unverständnis der Klinik. Für die Klinik sei man nur dann trans, wenn man soweit gehen wolle, wirft die junge Frau, die heute als Mann lebt, der Klinik vor: „Ich weiß, dass ich nichts tun kann, um zu ändern, wie ich geboren wurde. Wenn man in den nächsten Jahren mein Skelett ausgräbt, wird man es als weiblich erkennen. Aber Tavistock konnte damit nicht umgehen. Sie wollten junge transsexuelle Menschen, die sie nach ihrer Vorstellung von Transsexualität formen konnten.“  DT/fha

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