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Trump greift durch

Schön und gut, dass der US-Präsident die Verbrechenszahlen in Großstädten senken will. Doch er muss zeigen, dass sein innenpolitisches Durchgreifen nicht nur Show ist.
US-Präsident Donald Trump
Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire | Donald Trump inszeniert sich auf der innenpolitischen Bühne als „starker Mann“, während sein außenpolitischer Kurs alles andere als geradlinig verläuft.

Donald Trump lässt gerade keinen Zweifel daran, dass er sich als obersten Ordnungshüter des Landes begreift: In Städten wie Los Angeles, Washington, D.C. und bald vielleicht auch Chicago lässt er Bundesbeamte und die Nationalgarde aufmarschieren, um die Verbrechenszahlen zu senken.

Dass dies nicht ohne den Widerstand der Bevölkerung vonstatten geht, überrascht kaum: Insbesondere in Chicago ist der Ärger groß, nachdem Trump in den sozialen Medien mit einem martialisch anmutenden, auf den Vietnamfilm „Apocalypse Now“ anspielenden KI-Bild der demokratischen Großstadt quasi mit Krieg drohte, wenn sie seine „Hilfe“ bei der Gewaltbekämpfung ablehne.

Politische Substanz und symbolpolitische Verpackung

Wie so oft setzt Trump auf das Spektakel, die Showeffekte. Daher fällt es nicht immer leicht, die politische Substanz von der symbolpolitischen Verpackung für die eigene Blase zu trennen. Doch genau das ist nötig. Zwar sorgen die Einsätze der Nationalgarde medial für heftige Diskussionen. Jedoch berichten Bewohner von Brennpunktvierteln in der Hauptstadt, sie würden sich nun tatsächlich sicherer fühlen. Und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die USA ein Kriminalitätsproblem haben, selbst wenn die Statistiken in Washington in den letzten beiden Jahren eine Abnahme der Gewaltverbrechen ausweisen. 

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Allerdings müssen Trumps Truppen noch zeigen, dass sie durch ihre Präsenz nicht nur die „gefühlte Sicherheit“ steigern, sondern auch die tatsächliche Kriminalitätsrate drücken. Symbolisches Patrouillieren an Sehenswürdigkeiten wird da nicht ausreichen. Den Wunsch, auch nachts durch die städtischen Straßen spazieren zu können, ohne um Leib und Leben fürchten zu müssen, dürfte jeder teilen. Dennoch bleibt ein fahler Beigeschmack: Hier inszeniert sich ein US-Präsident auf der innenpolitischen Bühne als „starker Mann“, während sein außenpolitischer Kurs alles andere als geradlinig verläuft.

So ist beispielsweise die Umbenennung des Verteidigungsministeriums in „Kriegsministerium“ in der Rubrik substanzlosen Gehabes zu verbuchen. Wenn Trump wissen möchte, was es bedeutet, im Krieg zu sein, sollte er mal in Kiew nachfragen. Dort muss man sich weiterhin gegen die russische Aggression verteidigen, die in ihrer Schonungslosigkeit immer mehr zunimmt. Trumps Hin und Her dagegen hat bislang nur einem genutzt: dem russischen Präsidenten Putin.

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Maximilian Lutz Donald Trump Wladimir Wladimirowitsch Putin

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