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Tödliche Diskriminierung

Von besonderen Menschen und besonderen Gefahren. Ein Kommentar.
Kinder mit Down-Syndrom
Foto: Marijan Murat (dpa) | Keine Diskriminierung ist derart tödlich wie die gruppenbezogene Feindseligkeit, die weite Teile unserer Gesellschaften heute Menschen mit Behinderungen entgegenbringen.

Diskriminierung oder – wie andere heute stattdessen sagen – „gruppenbezogene Feindseligkeit“ ist ein weites Feld. Besichtigt werden kann es in den uferlosen und angeblich „sozialen“ Netzwerken. Dort wird so hemmungs- wie erbarmungslos gehetzt. Gegen Flüchtlinge und gegen Polizisten, gegen Corona-Skeptiker und gegen Virologen. Gegen Klimawandel-Leugner und gegen Umweltschützer. Gegen, gegen, gegen …

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Vieles davon ist toxisch und deshalb ernst zu nehmen. Doch keine Diskriminierung ist derart tödlich wie die gruppenbezogene Feindseligkeit, die weite Teile unserer Gesellschaften heute Menschen mit Behinderungen entgegenbringen. Und keine andere Gruppe ist davon stärker betroffen, als Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21), einer Chromosomen-Anomalie, deren Träger als besonders empathie- und liebesfähig gelten.

Eugenik pur: Der Gen-Check als Kassenleistung

In einer von Fitness- und Schönheitswahn geprägten Welt, in der immer mehr Menschen mittels Botox und Photoshop faltenlose Avatare ihrer selbst kreieren und auf Instagram zur Bewunderung ausstellen, ist allenthalben aus dem Blick geraten, dass auch dem Imperfekten Würde zukommt, die wenn schon nicht bedingungslose Annahme und Liebe, so wenigstens doch Achtung und Respekt verlangt.

Doch selbst die sind vielerorts verloren gegangen. Das gilt auch für Deutschland, das sich gerne als Moral-Weltmeister inszeniert. Dass im vergangenen Jahr mit dem Praenatest der Konstanzer Biotechschmiede „Lifecodexx“ und weiteren Konkurrenzprodukten ein Bluttest in den Rang einer Kassenleistung erhoben wurde, mit dem Eltern auf Kosten der Allgemeinheit bei ihren noch ungeborenen Kindern nach dem Down-Syndrom (Trisomie 21) fahnden dürfen, spricht Bände. Nun wüsste man gerne, ob der rapide Anstieg der dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden jüngst gemeldeten Abtreibungen auch damit zusammenhängt. Bei dem Wunsch wird es allerdings voraussichtlich auch bleiben. Denn keiner der Verantwortlichen will ernsthaft wissen, wie eugenisch motiviert Deutschland im achten Jahrzehnt nach Ende des Nazi-Regimes wieder unterwegs ist.

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Stefan Rehder Eugenik Lebensschutz

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