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Suizidbeihilfe: Kardinal Nichols warnt vor tiefgreifenden Folgen für Gesellschaft

Der Erzbischof von Westminster ruft zum Widerstand gegen ein geplantes Gesetz zur Suizidbeihilfe auf und bittet Katholiken zum Kontaktieren ihrer Abgeordneten.
Kardinal Vincent Nichols, Erzbischof von Westminster
Foto: imago stock&people (imago stock&people) | „Wir sind klar gegen dieses Gesetz, weil es die Autonomie des Einzelnen über alle anderen Überlegungen stellt“, so Kardinal Nichols zum geplanten Gesetz zur Legalisierung der Suizidbeihilfe.

Kardinal Vincent Nichols, Erzbischof von Westminster und Präsident der katholischen Bischofskonferenz von England und Wales, hat die britischen Katholiken aufgerufen, sich gegen das geplante Gesetz zur Legalisierung der Suizidbeihilfe zu wenden. In einem am Dienstag auf der Webseite der Bischofskonferenz veröffentlichten Hirtenbrief zum 5. Fastensonntag warnt der Kardinal vor einer „grundlegenden Veränderung unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens“ durch den sogenannten „Terminally Ill Adults (End of Life) Bill“ (dt.:„Gesetzentwurf zur Suizidbeihilfe für unheilbar kranke Erwachsene“).

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Nichols erklärt, dass sich das Gesetzgebungsverfahren derzeit in einer entscheidenden Phase befinde: Noch im April sei eine Abstimmung im Parlament geplant, bei der über das weitere Vorgehen in Bezug auf die Legalisierung des assistierten Suizids entschieden werde. Der Kardinal bittet daher alle Gläubigen, ihre Abgeordneten zu kontaktieren und sie aufzufordern, gegen das Vorhaben zu stimmen. „Wir sind klar gegen dieses Gesetz, weil es die Autonomie des Einzelnen über alle anderen Überlegungen stellt“, so Nichols.

Unzureichende Debatte, unklare Folgen

Die katholischen Bischöfe Großbritanniens lehnen das geplante Gesetz nicht nur aus moralischen Gründen ab, sondern kritisieren auch das parlamentarische Verfahren. Der Kardinal bemängelt, dass es weder eine unabhängige Untersuchung noch eine Königliche Kommission im Vorfeld gegeben habe. Es handle sich um einen komplexen Entwurf, der erst wenige Tage vor der ersten Abstimmung veröffentlicht worden sei. Auch die Beweisaufnahme durch das zuständige Parlamentskomitee sei unzureichend gewesen: Nur drei Tage seien für die Anhörung vorgesehen gewesen, eine Zeitspanne, die aus Sicht der Bischöfe nicht ausreiche, um alle relevanten Perspektiven angemessen zu berücksichtigen.

„Dies ist kein Weg, ein moralisch so schwerwiegendes Thema gesetzlich zu regeln“, heißt es im Schreiben. Viele zentrale Fragen blieben unbeantwortet: etwa, wie eine Ausweitung der Regelung verhindert werden könne, welche Rolle der Justiz zukomme oder wie ein Missbrauch gegenüber vulnerablen Gruppen vermieden werden solle. Der Kardinal verweist darauf, dass in fast allen Ländern mit legalisierter Suizidbeihilfe die ursprünglichen gesetzlichen Begrenzungen nach und nach aufgeweicht worden seien.

Nichols hebt hervor, dass nicht die Einführung eines „nationalen Todesservices“, sondern der flächendeckende Ausbau der Palliativversorgung das Ziel politischer Bemühungen sein müsse. Gute Sterbebegleitung sei in Großbritannien bereits vielerorts vorhanden, aber unterfinanziert. „Ein gutes Gemeinwesen lässt niemanden als Last sterben, sondern bietet Zuwendung, Pflege und Begleitung“, heißt es im Schreiben.

Der Erzbischof beklagt zudem, dass das Unterhaus dem Thema Sterbehilfe weit weniger Zeit eingeräumt habe als etwa der Debatte um das Verbot der Fuchsjagd. Dies sei ein bedenkliches Zeichen für die Prioritätensetzung der politischen Entscheidungsträger.

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