Das vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte wissenschaftliche Konsortium zur Evaluation des Konsumcannabisgesetz (KCanG) namens EKOCAN hat am Sonntag einen ersten Zwischenbericht vorgelegt. Dies geht aus einer Pressemitteilung von Forschern der Universitätskliniken Hamburg-Eppendorf, Düsseldorf sowie der Universität Tübingen hervor.
Cannabis-Gesetz sollte illegalen Markt eindämmen
Laut dem Entwurf zum Cannabis-Gesetz vom Oktober 2023 wollte die Bundesregierung „zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beitragen, die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention stärken, den illegalen Markt für Cannabis eindämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz stärken“ Aktuelle Entwicklungen würden zeigen, „dass der Konsum von Cannabis trotz der bestehenden Verbotsregelungen, insbesondere auch unter jungen Menschen“ ansteige.
Cannabis vom Schwarzmarkt sei „häufig mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden, da der Tetrahydrocannabinol-Gehalt unbekannt ist und giftige Beimengungen, Verunreinigungen sowie synthetische Cannabinoide enthalten sein können“. Im Entwurf war zur Lösung des Problems vorgesehen, dass „privater Eigenanbau, gemeinschaftlicher nichtgewerblicher Eigenanbau und die kontrollierte Weitergabe von Konsumcannabis durch Anbauvereinigungen an Erwachsene zum Eigenkonsum“ ermöglicht werden.
Der geschätzte Gesamtbedarf an Cannabis lag im Jahr 2024 in Deutschland zwischen 670 und 823 Tonnen. Dem Zwischenbericht zufolge konnten Anbauvereine weniger als 0,1 Prozent zur Deckung des Bedarfs beisteuern.
EKOCAN-Koordinator Jakob Manthey sieht ein Problem in der geringen Zahl der Anbauvereine. „Wenn der Gesetzgeber die Verdrängung des Schwarzmarktes priorisieren wollte, müssten die Rahmenbedingungen für die Genehmigung und den Betrieb von Anbauvereinigungen vereinfacht werden“, heißt es in der Pressemitteilung des Verbundes.
Trend bei Jugendlichen setzt sich fort
Bereits vor der Liberalisierung beobachteten die Wissenschaftler einen Rückgang des Cannabis-Konsums bei jungen Menschen. Laut dem Forscher Daniel Kotz vom Universitätsklinikum Düsseldorf setze „sich der sinkende Trend im Anteil der Jugendlichen, die Cannabis konsumieren, auch nach der Teillegalisierung“ fort.
Allerdings würden weiterhin ungefähr ein Zehntel der Jugendlichen täglich oder fast jeden Tag Cannabis zu sich nehmen. Bei Erwachsenen sei laut den Wissenschaftlern weiterhin ein leichter Anstieg des Konsums zu beobachten. Aus den bisherigen Ergebnissen ließen sich jedoch noch keine abschließenden Aussagen zur Wirkungsweise des Gesetzes ableiten.
Fehlentwicklungen beim Jugendschutz
Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck, drängt auf schärfere Regeln. Das Gesetz brauche „dringend mehr Klarheit, mehr Durchsetzbarkeit und vor allem einen deutlichen Schwerpunkt auf Prävention und Hilfe für Jugendliche", erklärte er gegenüber der „Rheinischen Post“.
Zwar sei es zu erwarten gewesen, dass die erste Evaluation des Mitte 2024 in Kraft getretenen Gesetzes kein eindeutiges Bild ergebe. Jedoch bereite es dem CDU-Politiker Sorgen, „dass gerade beim Jugendschutz schon jetzt Fehlentwicklungen sichtbar werden.“
Jugendliche gäben an, heute leicht an Cannabis zu kommen, während die Zahl der Frühinterventionen zurückgegangen sei. „Wenn Jugendliche konsumieren - und wir wissen, wie schädlich das für sie ist - bekommen sie seltener Hilfe, weil ihre Fälle nicht mehr beim Jugendgericht landen“, so Streeck. Zusätzlich sei heute das Cannabis deutlich stärker geworden, was weitere gesundheitliche Probleme nach sich ziehe.
Neben einer gestiegenen Zahl an akuten Gesundheitsstörungen, die direkt mit dem Konsum von Cannabis in Verbindung stünden, sei auch der Anteil von Importen und des Schwarzmarktes für medizinisches Cannabis größer geworden. Diese Entwicklungen zeigen laut Streeck, „dass das Gesetz seine Ziele bislang verfehlt“. Nach seiner Einschätzung seien die erlaubten Besitzmengen zu hoch und die Regelungen für den Eigenanbau zu großzügig. DT/jna
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