Der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Vincenzo Paglia, hat mit Enttäuschung auf die Verabschiedung der neuen Euthanasie-Gesetzgebung in Spanien reagiert. Das Parlament in Madrid hatte gestern endgültig ein Gesetz gebilligt, das sowohl den ärztlich assistierten Suizid als auch die Tötung auf Verlangen legalisiert. 202 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 142 dagegen.
Paglia: Gesetz erinnert an Pontius Pilatus
Der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ sagte Paglia, es gebe „eine weltweit zunehmende Kapitulation“ gegenüber der „schmutzigen Arbeit des Todes“. Die „wenigen Zeilen eines kalten Gesetzes“ erinnerten an Pontius Pilatus, der seine Hände in Unschuld wasche.
Der 75-jährige, der in Italien zu den führenden Theologen zählt, die sich mit Themen des Lebensschutzes und der Bioethik befassen, sagte, wichtig sei nun, weiterhin auf die Ausbreitung der Palliativmedizin zu setzen. „Nimm den Schmerz, bleib in der Nähe des Kranken, um ihn mit Liebe und Freundschaft zu wärmen“. Die Herausforderung bestehe darin, „wahrhaft menschlich zu sein“, und „jene, die leiden, nicht in den Händen der Euthanasie-Industrie zu lassen“, so Paglia.
Krankenkassen sollen Kosten tragen
Das von der links-sozialistischen Regierungskoalition von Ministerpräsident Pedro Sanchez erarbeitete Gesetz sieht vor, dass Ärzte Sterbewilligen ein tödliches Präparat verschreiben und auf Verlangen des Sterbewilligen auch selbst verabreichen dürfen. Voraussetzung ist, dass der Sterbewillige volljährig ist, die spanische Staatsangehörigkeit besitzt oder aber seinen Lebensmittelpunkt in Spanien hat und an einer „schweren und unheilbaren Krankheit“ leidet.
Sterbewillige müssen ihren Sterbewunsch schriftlich dokumentieren und wiederholt im Abstand von mindestens 14 Tagen einreichen. Der das tödliche Präparat verschreibende oder applizierende Arzt muss den Sterbewillige zuvor untersucht haben und ihm Alternativen zur „Tötung auf Verlangen“ und einem medizinisch unterstützten Suizid aufgezeigt haben. Die Kosten sollen die gesetzlichen Krankenkassen tragen. Mit der Verabschiedung des Gesetzes ist Spanien nach den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Kanada das fünfte Land, in dem Tötung auf Verlangen künftig straffrei gestellt wurde.
Portugals Verfassungsgerichtshof stoppt ähnliches Gesetz
Unterdessen hat der Verfassungsgerichtshof in Lissabon, ein ähnliches Gesetz, das das portugiesische Parlament Ende Januar verabschiedet hat, vorläufig gestoppt. Portugals Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa, ein Katholik, hatte sich wegen ethischer und rechtlicher Bedenken geweigert, das Gesetz zu unterzeichnen und es dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung vorgelegt. Anfang der Woche erklärten die Richter, das Gesetz in der vorliegenden Form für unzulässig. Die Situationen, in denen das Gesetz die „Tötung auf Verlangen“ erlaube, seien in dem Gesetzestext nicht mit der erforderlichen Präzision beschrieben worden.
Das Parlament hat nun die Möglichkeit, den Gesetzentwurf zu überarbeiten und dem Gericht zur erneuten Prüfung vorzulegen. DT/reh
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