Norbert Lammert war als Bundestagspräsident so etwas wie Deutschlands oberster Parlamentarier. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Wahlrecht hat der Christdemokrat interessante Sätze gesagt.
„Deutschland hat ohnehin eines der kompliziertesten Wahlsysteme der Welt. Wahrscheinlich gibt es weniger als eine Handvoll gewählte Abgeordnete, die die Mandatsverteilung aufgrund des Wahlergebnisses unfallfrei erklären können. Das Einzige, was der normale Wähler am deutschen Wahlsystem versteht, ist, dass er mit seiner Erststimme den Wahlkreisvertreter bestimmt. Und genau dieser einzige transparente Teil des Wahlsystems wird jetzt relativiert“, erklärte Lammert im Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.
Das Wahlrecht muss für den Bürger verständlich sein
Lammert hat damit einen Punkt genannt, der entscheidend sein sollte bei der Frage nach dem Wahlrecht. Ist es für den Bürger verständlich? Lammert selbst plädiert für eine Reform-Alternative, die ehrlich gesagt außer den Experten auch keiner versteht.

Ein wirklich mutiger Schritt wäre stattdessen der konsequente Schritt hin zum Mehrheitswahlrecht. Der gewählte Direktkandidat zieht in das Parlament ein, sonst niemand. Das wäre auch ein Schritt hin zu mehr Personalität. Der Abgeordnete muss vor Ort die Bürger in seinem Wahlkreis überzeugen. Das schafft Unabhängigkeit. Er muss nicht mehr in erster Linie Funktionär seiner Partei sein, der auf einen guten Listenplatz spekuliert.
Aber wahrscheinlich ist so eine Reform nicht. Am Ende wird vermutlich eine Reduzierung der Abgeordnetenzahl stehen. Einfach weil der Bundestag arbeitsfähig bleiben muss. Aber grundsätzlich wird sich am Status quo nichts ändern.
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