Kurt Miceli, Psychiater Medizinischer Direktor der gemeinnützigen Organisation „Do No Harm“ („Keine Schäden verursachen“) in Richmond (Virginia), hat vergangene Woche bei der halbjährlichen Fachkonferenz der US-Gesundheitsbehörde „U.S. Centers for Disease Control and Prevention“ („US-Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention“) CDC einen Vortrag gehalten. Vor dem „ICD-10 Coordination & Maintenance Committee“ plädierte er dafür, das medizinische Klassifikationssystem um neue Diagnosecodes für Menschen zu erweitern, die nach einer Geschlechtsumwandlung zu ihrem biologischen Geschlecht zurückkehren („Detransition“) oder unter Spätfolgen leiden.
Miceli schlägt daher neue Codes vor: für „Geschlechtsidentitätsstörung in Remission“ (Desistenz), für die persönliche Vorgeschichte einer Detransition sowie für „posttransitionale Belastungen“. Außerdem soll die bisherige Sammelkategorie „persönliche Vorgeschichte der Geschlechtsangleichung“ aufgespalten werden – getrennt nach chirurgischen und hormonellen Eingriffen. Ergänzt werden soll ein eigener Code für rein soziale Schritte, etwa Namensänderung oder Brustbinden, die ebenfalls gesundheitliche Folgen haben können. Ziel sei nicht, bestimmte Therapien zu bewerten, sondern die Realität sichtbar zu machen: „Wer nicht kodiert werden kann, existiert für das Gesundheitssystem nicht – und bekommt schlechtere Versorgung“, so Miceli.
In einem Interview mit dem „Washington Examiner“ erklärt der Psychiater, dies sei das erste Mal, dass die CDC die Aufnahme von Codes speziell für Detransitioner in Betracht gezogen habe. „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir es sozusagen durch die Bürokratie gebracht haben, und wir freuen uns sehr über die Gelegenheit, dies präsentieren zu dürfen“, so Miceli.
Viele Betroffene kämpfen weiter mit Belastungen
Der Psychiater betont, dass eine Remission von Geschlechtsdysphorie nicht automatisch alle Folgen einer Transition aufhebt. Viele Betroffene hätten weiterhin mit medizinischen oder psychischen Belastungen zu kämpfen. Die neuen Klassifikationscodes könnten es ermöglichen, solche Spätfolgen systematisch zu erfassen, Forschung zu verbessern und Patienten eine passgenauere Nachsorge zu bieten.
„Do No Harm“ kritisiert seit Jahren medizinische Eingriffe bei Minderjährigen und verweist auf internationale Neubewertungen: Großbritannien, Schweden und Finnland haben ihre Leitlinien inzwischen verschärft. Miceli warnte jüngst auf Instagram: „Kinder mit Geschlechtsdysphorie verdienen eine evidenzbasierte, hochwertige Versorgung und keine irreversiblen, experimentellen Eingriffe, die auf Ideologie beruhen.“
Darüber hinaus kritisiert Miceli, dass US-Fachgesellschaften die Standards des Weltverbandes für Transgender-Gesundheit (WPATH) übernommen haben, der aus seiner Sicht Schutzmechanismen geschwächt habe. Stattdessen fordert er sorgfältige psychiatrische Abklärungen, solide Daten und eine offene Debatte. Parallel engagiert er sich gegen Programme nach der Logik von „Diversity, Equity, Inclusion“ (DEI), die seiner Ansicht nach Leistungsprinzipien und fachliche Diskussionen verdrängen.
Formell folgt auf die Präsentation nun ein 60-tägiges öffentliches Konsultationsverfahren. Werden die Vorschläge angenommen, könnten neue Codes ab 2026 eingeführt werden. Befürworter sehen darin mehr Transparenz und Patientensicherheit. Kritiker warnen vor einer möglichen Stigmatisierung oder politischer Instrumentalisierung. Für Miceli geht es indes um eine nüchterne Feststellung: „Unsichtbare Patienten können nicht angemessen behandelt werden.“
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