Die Fachverbände für Menschen mit Behinderungen lehnen die Zulassung von Behandlungsabbrüchen von Personen, die bereits künstlich beatmet werden, um Menschen mit besseren Überlebenschancen mit einem Beatmungsgerät behandeln zu können, ab. Das erklärten die fünf Fachverbände am Donnerstag in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Anlass für die Erklärung ist die Anhörung am Mittwoch im Deutschen Bundestag. Nach Darstellung der Fachverbände für Menschen mit Behinderungen hätten Ärzteverbände dabei die Zulassung der sogenannten Ex-Post-Triage „massiv gefordert“.
Wie es in Erklärung der Fachverbände für Menschen mit Behinderungen heißt, habe „das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber unmissverständlich aufgegeben, Menschen mit Behinderungen bei Zuteilungsentscheidungen im Falle knapper intensivmedizinischer Ressourcen, auch Triage genannt, wirksam vor Diskriminierung zu schützen“. Bei einer von den Ärzteverbänden geforderten Zulassung der sogenannten Ex-Post-Triage sei jedoch zu befürchten, „dass gerade Menschen mit Behinderung und Vorerkrankungen“ hinsichtlich des Zugangs zu lebensrettenden Behandlungen „benachteiligt“ würden.
Ärzte befürchten unumkehrbare Entscheidungen
Bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags hatte die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA) gefordert, die Möglichkeit einer rechtssicheren Ex-Post-Triage in die geplante Novelle des Infektionsschutzgesetzes (Bundestagsdrucksache 20/3877) aufzunehmen. Kritisiert wurde, dass dem Gesetzesentwurf zufolge die in einer Notaufnahme oder im Rettungsdienst unter hohem Zeitdruck und einer unvollständigen Datenlage getroffenen Entscheidungen für eine Therapie selbst dann unumkehrbar wären, wenn sich im Verlauf der Behandlung die Überlebenswahrscheinlichkeit von Patienten als gering herausstellen sollte. Ein gesetzliches Verbot der Ex-Post-Triage würde Ärzte erheblich verunsichern, weil dann die Befürchtung bestünde, dass einmal begonnene Intensivbehandlungen nicht mehr abgebrochen werden dürften. Ähnlich äußerte sich auch die Bundesärztekammer (BÄK).
Die fünf Fachverbände für Menschen mit Behinderung repräsentieren eigenen Angaben zufolge rund 90 Prozent der Dienste und Einrichtungen für Menschen mit geistiger, seelischer, körperlicher oder mehrfacher Behinderung in Deutschland. Ethisches Fundament der Zusammenarbeit sei das gemeinsame Bekenntnis zur Menschenwürde sowie zum Recht auf Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft. DT/reh
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