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Mit der Verfassung unvereinbar

Polens Lebensschützer kritisieren die geplante Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes: Diese widerspreche richtungsweisenden Entscheidungen des Verfassungsgerichts.
Darstellung eines menschlichen Fötus
Foto: Copyright: xDreamstimexOxlockx v (www.imago-images.de) | Das Abtreibungsrecht in Polen galt bislang als außerordentlich streng.

Der Polnische Verband der Schützer des Menschenlebens (Polskie Stowarzyszenie Obrońców Życia Człowieka) hat die von der polnischen Regierung geplante Liberalisierung des geltenden Abtreibungsrechts kritisiert. Zuvor hatte bereits die Bioethikkommission der Polnischen Bischofskonferenz in einer Stellungnahme unterstrichen, dass menschliches Leben mit der Empfängnis beginne. Der Verband der Schützer des Menschenlebens erläutert den Hintergrund des geltenden Abtreibungsgesetzes aus dem Jahr 1993: Ziel des Gesetzgebers sei seinerzeit die Abschaffung des stalinistischen Abtreibungsgesetzes aus dem Jahr 1956 gewesen.

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Dazu gehörte auch die Zulässigkeit von Abtreibungen aus sogenannten sozialen Gründen. Das geltende Gesetz biete keine Voraussetzungen für eine möglichst breite Auslegung, die es mit Verweis auf eine Gefährdung des psychosozialen Wohlbefindes der Mutter erlaube, das ungeborene Kind in jedem Stadium der Schwangerschaft zu töten. Den Spielraum für legale Abtreibungen möchte die Regierung Tusk nun erweitern, indem die Möglichkeit der vorgeburtlichen Kindstötung aus psychosozialen Gründen gesetzlich eingeführt wird.

Raum für freie Gesetzesauslegung

Wörtlich heißt es in der Stellungnahme: „Das Ziel der Regierung besteht nicht darin, die gesetzliche Regelung präzise zu erweitern, sondern einen möglichst breiten Rahmen für deren freie Auslegung zu schaffen, der es erlaubt, Abtreibungen in einer mit den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs zur eugenischen Abtreibung und zur Abtreibung aus sogenannten sozialen Gründen nicht vereinbaren Weise durchzuführen.“ Das Abtreibungsgesetz von 1993 werde somit auf eine Weise angewandt, die dem Willen des Gesetzgebers und den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs direkt widerspreche.

Pater Piotr Kieniewicz, Sekretär der Bioethikkommission der Polnischen Bischofskonferenz, unterstrich auf Nachfrage dieser Zeitung, dass die Kirche den gesetzlichen Schutz des Lebens Ungeborener ebenso fordere wie den gesetzlichen Schutz des Lebens Geborener – unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialem Status und Gesundheitszustand. Der Widerstand linker Kreise gegen diese Position rühre in erster Linie daher, dass Menschen vor der Geburt das Menschsein abgesprochen werde und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes und die Interessen der Mutter gegeneinander ausgespielt würden.

Kein Interesse an Dialog

Der Moraltheologe erklärte, dass die Befürworter einer legalen Abtreibung die Rechte der Mutter über die Rechte des Kindes stellen würden. Dieser Position könne die Kirche nicht zustimmen, da sie die Rechte beider sowie auch deren Würde als gleich ansehe. Da es die Aufgabe von Gesetzen sei, die Schwachen vor der Willkür der Starken zu schützen, fordere die Kirche konsequent den gesetzlichen Schutz des Lebens und der Gesundheit ungeborener Kinder.

Pater Kieniewicz bedauerte, dass die polnischen  Medien, die überwiegend links ausgerichtet seien, der Stimme des polnischen Episkopats nicht zum ersten Mal mit großer Feindseligkeit begegnen. Er kritisitierte die geplante Gesetzesänderung, derzufolge eine Gefährdung des psychosozialen Wohls der Mutter einen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch darstellen könne. Nach einhelliger Meinung von Psychiatern, die das Bioethikteam der Polnischen Bischofskonferenz konsultiert habe, sei eine Abtreibung nicht nur keine Lösung des Problems, sondern vergrößere dieses vielmehr. Der Geistliche bedauerte die geringe Beachtung kirchlicher Einwände in der Debatte: „Die Stimme der Kirche bleibt von der Politik in Polen jedoch weitgehend unbeachtet.“ Die Politik habe an einem sachlichen Dialog mit der Kirche über bioethische Fragen, einschließlich der Frage des Schutzes des menschlichen Lebens, kein Interesse. Seiner Darstellung nach erweitern die polnischen Bischöfe ihre Hilfsmaßnahmen für Frauen in Notsituationen: Einrichtungen für alleinerziehende Mütter, Babyklappen sowie Krisenstationen und Beratungsstellen. (DT/ehü/agnwi)

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