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Kirchenasyl-Zahlen steigen

Barmherzig oder „moralisch unverständlich“? Auch die drei Somalier, deren Zurückweisung vor Gericht gekippt wurde, befinden sich derzeit in Kirchenasyl. Ein Experte übt Kritik.
Der Berliner evangelische Landesbischof Christian Stäblein
Foto: IMAGO/Christian Ditsch (www.imago-images.de) | Sieht die individuelle Tragik: der Berliner evangelische Landesbischof Christian Staeblein.

Es ist ein Anstieg gegen den Trend: Während die Zahl der Asylanträge in Deutschland 2024 um mehr als 30 Prozent niedriger lag als 2023, steigen offenbar die Kirchenasyl-Fälle. Dies berichtete am Montag die „Bild“-Zeitung. Demnach seien 2024 insgesamt 2.386 Fälle von Kirchenasyl gemeldet worden, und damit rund 300 mehr als im Vorjahr. Beim Kirchenasyl nehmen Pfarreien oder Gemeinden Flüchtlinge auf, die vor einer Abschiebung stehen, um dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Fälle der Betreffenden dann nochmal zur erneuten Prüfung vorzulegen. Wie es in einer Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) heißt, sei dabei die Überzeugung leitend, dass es beim Kirchenasyl darum gehe, „in Einzelfällen unzumutbare Härten abzuwenden“.

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Genau hinsichtlich dieser Grundhaltung sieht sich die Kirche nun der Kritik ausgesetzt. So zitiert die „Bild“ den Asylexperten und Jura-Professor Daniel Thym mit den Worten, es sei ihm „moralisch unverständlich, warum die Kirchen ihr humanitäres Kapital derzeit vor allem darauf verwenden, Abschiebungen in andere EU-Mitgliedstaaten zu verhindern“. Schließlich handele es sich bei den Kirchenasylfällen nach „Bild“-Informationen zum ganz überwiegenden Teil um sogenannte „Dublin-Fälle“, bei denen die Rückführung in ein anderes, eigentlich für das Asylverfahren zuständige EU-Land geplant ist, nicht etwa in Kriegs- oder Krisengebiete. Zudem habe das BAMF nur in einem einzigen Fall tatsächlich einen „besonderen Härtefall“ bestätigt.

Von Somalia nach Belarus

Auch die drei Somalier, die, wie das Verwaltungsgericht Berlin kürzlich entschieden hatte, widerrechtlich an der deutschen Grenze zu Polen zurückgewiesen worden waren, befinden sich mittlerweile offenbar im (evangelischen) Kirchenasyl in Berlin. Der Fall hatte große Aufmerksamkeit auf sich gezogen, da hier erstmals das Vorgehen der Bundespolizei infolge der Anweisung zur Zurückweisung durch die neue Regierung vor ein deutsches Gericht gekommen war. Deutschland hätte nach dem Urteil zumindest prüfen müssen, wer für die aus Polen einreisenden Flüchtlinge zuständig ist, die offenbar wiederum aus Belarus nach Polen einreisten, dort aber nicht registriert wurden. Bereits seit 2021 nutzt der belarussische Diktator Lukaschenko Migranten erklärtermaßen als politisches Druckmittel gegenüber Europa.

Kurios war im Fall der Somalier zudem, dass den drei Flüchtlingen die Einreise erst beim dritten Anlauf gelang, offenbar beraten durch die NGO „Pro Asyl“. Der CSU-Politiker Alexander Hoffmann hatte auch den Vorwurf erhoben, dass sich die junge Frau, die mit zwei Männern die Einreise wagte, erst beim dritten Einreiseversuch als minderjährig ausgegeben habe – auch mithilfe eines wohl gefälschten Ausweisdokuments. Pro Asyl hat zurückgewiesen, damit etwas zu tun zu haben.

Der Berliner evangelische Bischof Christian Stäblein, den „Bild“ zu dem Fall befragte, stellte die individuelle Tragik der drei Flüchtlinge in den Vordergrund: Es handele sich um sehr junge Menschen, „die schwer an dem tragen, was sie in ihrer Heimat und auf der Flucht erfahren haben“. (DT/jra)

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