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Grundsatzurteil „Roe vs. Wade“ könnte bald kippen

Die Voraussetzungen waren noch nie so günstig, dass der Oberste Gerichtshof der USA ein neues Grundsatzurteil in der Abtreibungsfrage verabschiedet. Doch was bedeutet das konkret?
Oberster Gerichtshof der USA
Foto: Pablo Martinez Monsivais (AP) | Theoretisch könnte das höchste US-Gericht das „Recht“ auf Abtreibung mit seinem Urteil im Fall „Dobbs“ auch einschränken, ohne „Roe vs. Wade“ gleich ganz zu kippen.

Anfang Dezember beginnt der Oberste Gerichtshof der USA mit den Anhörungen zum Fall „Dobbs vs. Jackson Women’s Health Organization“. Dabei steht nicht weniger auf dem Spiel als die bislang geltende Abtreibungsgesetzgebung des Landes. Aus diesem Anlass befasst sich die Tagespost im „Thema der Woche“ der kommenden Ausgabe mit dem berüchtigten Grundsatzurteil „Roe vs. Wade“ – und den verschiedenen Szenarien, wie die Rechtslage im Juni 2022 aussehen könnte, falls der Präzedenzfall tatsächlich kippen sollte.

"Die Zeit ist reif, Roe zu kippen"

Experten und Beobachter sind sich einig: Die Voraussetzungen für ein neues Grundsatzurteil, das den Zugang zu Abtreibungen deutlich restriktiver gestalten würde, waren noch nie so vielversprechend. Nicht alle wagen sich jedoch zu einer eindeutigen Prognose. Sarah Perry, Expertin für Rechtsfragen und Bürgerrechte bei der konservativen, den Republikanern nahestehenden Denkfabrik „The Heritage Foundation“, erklärt beispielsweise gegenüber dieser Zeitung: „Die Zeit ist reif, Roe zu kippen.“

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John Finnis hingegen, ein australischer Jurist und Rechtsphilosoph, der an der britischen Universität Oxford promovierte, lässt die Frage offen, ob er es für wahrscheinlich hält, dass „Roe vs. Wade“ tatsächlich bald Geschichte sein wird. Der renommierte amerikanische Rechtsgelehrte Robert George legt sich dafür fest: Der Oberste Gerichtshof werde sowohl „Roe vs. Wade“ überstimmen und die Abtreibungsgesetzgebung in die Hände der Bundesstaaten legen, wie er in einem Essay für das Online-Magazin „First Things“ schreibt. 

Die Gegenseite bleibt nicht untätig

Theoretisch könnte das höchste US-Gericht das „Recht“ auf Abtreibung mit seinem Urteil im Fall „Dobbs“ auch einschränken, ohne „Roe vs. Wade“ gleich ganz zu kippen. George hält dies aber für unwahrscheinlich. Denn letztlich stelle jede Frist eine willkürliche, nicht aus der Verfassung ableitbare Grenze dar.

Doch auch die Abtreibungsbefürworter auf der Gegenseite bleiben indes nicht untätig. Sollte „Roe vs. Wade“ tatsächlich kippen, bleibt ihnen allerdings nur eine Möglichkeit um sicherzustellen, dass in den USA auch weiterhin ein sehr liberales Abtreibungsrecht herrscht.  DT/mlu

Um welche Möglichkeit es sich handelt, und wie das amerikanische Abtreibungsrecht nach „Roe“ aussehen könnte, erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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