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Gewaltsame Spannungen in Manipur nehmen zu

Beobachter sprechen von Verbrechen gegen christliche Volksgruppe. Premier Modi: „Die Schuldigen werden nicht davonkommen."
Demo in Mumbai
Foto: IMAGO/Ashish Vaishnav (www.imago-images.de) | Menschen im indischen Mumbai demonstrieren gegen die Gewalt in Manipur.

Die Lage im Bundesstaat Manipur im Nordosten Indiens an der Grenze zu Myanmar (vormals Burma) ist ernst. Seit Mai wurden bei Auseinandersetzungen zwischen zwei Volksgruppen, den überwiegend hinduistischen Meitei und den überwiegend christlichen Kuki, über 120 Menschen getötet. Über 50.000 Menschen sind auf der Flucht. Über 250 Kirchen, theologische Institute, christliche Schulen und Krankenhäuser wurden niedergebrannt, ohne dass die Täter von den lokalen Behörden daran gehindert wurden. 

Ein grelles Schlaglicht auf den ethnischen Konflikt wirft ein Video über eine Zurschaustellung von Frauen durch einen hinduistischen Mob. Indiens Oberstes Gericht forderte strenge Strafe gegen die Täter, nachdem das Video in Sozialen Medien viral ging, wie der asiatische Pressedienst Ucanews berichtet. Zu sehen ist ein Männer-Mob, der zwei Frauen der christlichen Minderheit nackt durch die Straßen treibt. Auch der hindu-nationalistische Premierminister Narendra Modi fühlte sich bemüßigt, sich erstmals seit Ausbruch der Gewalt vor zweieinhalb Monaten zu dem Konflikt in Manipur zu äußern. „Die Schuldigen werden nicht davonkommen. Was den Töchtern von Manipur widerfahren ist, kann niemals vergeben werden“, sagte Modi indischen Medien. Offenbar gab es nun bereits erste Festnahmen. Laut Polizeiangaben gehören die Frauen der überwiegend christlichen Bevölkerungsgruppe der Kuki an. Mindestens eine von ihnen sei Opfer einer  Gruppenvergewaltigung geworden.

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In einem Bericht bilanziert Erzbischof Dominic Lumon von Imphal – das Erzbistum Imphal umfasst den Bundesstaat Manipur – die Gewaltorgie, die sich seit Mai wie ein Lauffeuer im Bundesstaat ausbreitete. Unter den zerstörten religiös genutzten Gebäuden befanden sich mehrheitlich protestantische Gebäude, aber auch Kirchen, da ein Dutzend katholischer Einrichtungen – die Kirche ist in diesem indischen Bundesstaat in der Minderheit – ebenfalls angegriffen wurden. Das geht unter anderem aus der Tageszeitung „The Indian Express“ hervor.

Spannungen zwischen Meiteis und Kukis

Die Verbrechen seien „sowohl ethnisch als auch religiös motiviert“, betonte Bischof Dominic Lumon. Er sieht vor allem die Spannungen zwischen den Meiteis und den Kukis, die aus den Chin-Stämmen der Hügel stammen und zumeist christlichen Glaubens sind, wobei die Baptisten die Mehrheit und die Katholiken die Minderheit bilden. Die Meiteis sind die vorherrschende ethnische Gruppe, die 53 Prozent der Bevölkerung von Manipur ausmacht. Sie sind mehrheitlich Hindus und haben sich im fruchtbaren Imphal-Tal im Zentrum des Bundesstaates niedergelassen

Seit Jahren fordern die Meitei, in die offizielle Liste der sogenannten „gelisteten“ Stämme aufgenommen zu werden. Eine Forderung, die von den Kuki-Christen als ungerecht empfunden wird, da dieser Status Minderheiten vorbehalten ist und ihnen den Zugang zu den wenigen wirtschaftlichen Vorteilen ermöglicht, die sie zum Überleben benötigen.

Opposition will „ausführliche Erklärung“ von Modi

Doch am 27. März gab das Oberste Gericht von Manipur dem Antrag der Meitei statt, was zu einem anschwellenden Aufstand der Kukis führte, der von der Armee gewaltsam niedergeschlagen wurde. Dabei verbündeten sich Zivilisten der dominierenden Volksgruppe mit dem Militär.

Die Organisation United Christian Forum hat im vergangenen Jahr 598 gewaltsame Übergriffe gegen Christen in 21 der 28 indischen Bundesstaaten dokumentiert. In den ersten drei Monaten 2023 seien bereits 187 einschlägige Vorfälle registriert worden. Christen machen 2,3 Prozent der 1,4 Milliarden Einwohner Indiens aus.  DT/chp

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