Das im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) festgeschriebene Verbot des Erwerbs von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung sei „angesichts der Möglichkeiten, sein Leben medizinisch begleitet mit anderen Mitteln zu beenden“, mit dem nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch das Grundgesetz geschützten Rechts auf selbstbestimmtes Sterben vereinbar. Das entschied der Dritte Senat des Bundesverwaltungsgerichts heute in Leipzig und wies die Revision der Kläger gegen eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster ab (Az.: BVerwG 3 C 8.22).
Grundrechtseingriff gerechtfertigt
Wie das Gericht in einer am Vormittag veröffentlichten Pressemitteilung schreibt, verletze die „Versagung der Erlaubnis“ die Grundrechte der Kläger nicht. Zwar greife der „Erlaubnisvorbehalt“ in das Recht des Einzelnen ein, sein Leben zu beenden. Doch sei ein solcher Eingriff „gerechtfertigt“. Mit dem generellen Verbot, Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, verfolge das BtMG unter anderem „das legitime Ziel, Miss- und Fehlgebrauch von tödlich wirkenden Betäubungsmitteln zu verhindern“.
Zu dessen Erreichung sei die Verbotsregelung nicht nur „geeignet“ und „erforderlich“. Sie sei überdies auch „angemessen“. Der mit der Verbotsregelung verfolgte Zweck stünde „nicht außer Verhältnis“ zur Schwere des Grundrechtseingriffs. Menschen, die selbstbestimmt entschieden hätten, ihr Leben zu beenden, hätten andere „zumutbare Möglichkeiten“ ihren Sterbewunsch zu verwirklichen.
Gemeinwohlbelange überragen
Wie das Gericht weiter ausführt, bestehe für Sterbewillige „die realistische Möglichkeit, über eine Ärztin oder einen Arzt Zugang zu (verschreibungspflichtigen) Arzneimitteln zu erhalten, mit denen eine Selbsttötung durchgeführt werden“ könne. Zwar müssten die Sterbewilligen „eine ärztliche Person finden, die bereit ist, die notwendige pharmakologische und medizinische Unterstützung zu leisten“ Allerdings könnten sie sich bei der Suche helfen lassen.
„Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 26. Februar 2020 das in § 217 StGB normierte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt hat, hätten, wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt habe, „mehrere Organisationen die Vermittlung von zur Suizidhilfe bereiten Ärzten wiederaufgenommen“. Derartigen „Belastungen der Sterbewilligen“ stünden „wichtige Gemeinwohlbelange gegenüber, die durch die Nichteröffnung des Zugangs zu Natrium-Pentobarbital geschützt“ würden. Angesichts der „tödlichen Wirkung und der einfachen Anwendbarkeit“ seien die „Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung durch Miss- oder Fehlgebrauch besonders groß“ und wögen „schwer“. DT/reh
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.