Der Krieg hat begonnen. Russische Truppen sind in die Ukraine einmarschiert, ukrainische Städte werden bombardiert. Damit ist endgültig das Kapitel der jüngsten Zeitgeschichte abgeschlossen, das mit der Wiedervereinigung begonnen hatte und an deren Anfang der Satz stand, nun sei das „Ende der Geschichte“ angebrochen und der Westen habe mit seinen Vorstellungen von Demokratie, Rechtsstaat, Meinungsfreiheit und Marktwirtschaft gesiegt.
Es braucht einen neuen Verteidigungsminister
Dass dieses Diktum des US-Politdenkers Francis Fukuyama nicht stimmte, wissen wir zwar auch schon lange, spätestens seit dem 11. September 2001. Aber doch schien uns Deutschen die kühle politische Realität noch immer sehr weit. Wir haben uns auf unserer sicheren Insel, umgeben von Wohlstand und materieller Sicherheit, gut eingerichtet.
Strategie, Geopolitik, Verteidigung, gar nationale Interessen – das alles waren Begriffe, die im politischen Alltag bei uns kaum eine Rolle gespielt haben. Und tauchten sich doch einmal auf, konnte sich der deutsche Fernsehzuschauer ein bisschen gruseln, ansonsten aber in seinen Sessel zurücklehnen und auf einen anderen Kanal schalten. „Was kümmert es mich, wenn sich die Leute in fernen Weltengegenden die Köpfe einschlagen“, mochte er denken.
Damit ist es nun vorbei. Jetzt gibt es Krieg direkt vor der Haustür. Deutschland muss wieder lernen, strategisch zu denken, seine Interessen formulieren (zu denen gehören nicht nur wirtschaftliche Interessen, auch die Geltung von Völkerrecht und Rechtsstaat sind deutsche Interessen). Viel Zeit haben wir nicht, um uns dieser neuen Lage anzupassen. Ein erster Schritt wäre, an die Spitze des Verteidigungsministeriums einen echten Sicherheitspolitiker zu setzen, die aktuelle Verlegenheitslösung ist nicht nur peinlich, sondern auf lange Sicht auch gefährlich.
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