Mit Schusswaffen und Macheten haben mutmaßliche Islamisten am Sonntag eine katholische Kirche in der Stadt Komanda im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo gestürmt. Das berichten diverse Medien. Mehrere Dutzend Menschen sind dabei ums Leben gekommen; die Zahl der Todesopfer schwankt je nach Quelle zwischen 19 und 43. Einige junge Menschen wurden entführt, erklärte der örtliche Pfarrer gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Hinter der Tat wird Angaben der Stadtverwaltung von Komanda zufolge die Rebellenmiliz Allied Democratic Forces (ADF) vermutet.
Unter den Toten sind laut UN-Friedensmission in der Demokratischen Republik Kongo (Monusco) 19 Frauen und neun Kinder. Die Rebellen sollen während einer Gebetsstunde in die Kirche gestürmt sein und das Feuer auf die Gläubigen eröffnet haben. Einwohner berichteten gegenüber der AFP von „Schüssen in der Nähe der Pfarrkirche“. Wie der Menschenrechtsaktivist Christophe Munyanderu laut der Nachrichtenagentur „Reuters“ berichtete, hätten die Angreifer auch benachbarte Häuser und Geschäfte in Brand gesetzt. Videos im Internet zeigen brennende Gebäude und Leichen auf dem Boden der Kirche. „Freiwillige bereiten sich darauf vor, sie in einem Massengrab zu bestatten, das wir auf dem Gelände der katholischen Kirche vorbereiten“, so ein Verantwortlicher vor Ort gegenüber der Nachrichtenagentur „Associated Press“.
Internationale Empörung
Der Angriff sorgte auch international für Entsetzen. Florian Ripka, Geschäftsführer von „Kirche in Not“ Deutschland, erklärte: „Der jüngste Anschlag im Kongo war gezielt gegen Christen und den christlichen Glauben gerichtet." Die Täter würden eine gezielte christenfeindliche Agenda verfolgen. „Das ist Christenverfolgung im 21. Jahrhundert", so Ripka, und dürfe nicht ignoriert werden. Dieser Anschlag mache deutlich, dass politische, ethnische oder wirtschaftliche Konflikte oft im Vordergrund stünden, wenn das Menschenrecht auf Religionsfreiheit mit Füßen getreten werde.
Laut der Tageszeitung „Welt" verurteilte auch der italienische Außenminister Antonio Tajani die Tat. „Glaubensstätten müssen stets geschützt und die Religionsfreiheit gewahrt werden“, sagte er. Die Leiterin der Monusco-Mission, Vivian van de Perre, erklärte die „gezielten Angriffe auf wehrlose Zivilisten, insbesondere in Gotteshäusern“ für „abscheulich“, sie verstießen auch „gegen alle Normen des Menschenrechts und des humanitären Völkerrechts“. Die Sicherheitskräfte, darunter die Streitkräfte der Demokratischen Republik Kongo, das ugandische Militär sowie die örtliche Polizei, seien mobilisiert. Der Koordinator einer Menschenrechtsorganisation bat die Armee um Hilfe; ihnen sei gesagt worden, „dass der Feind immer noch in der Nähe unserer Stadt ist“.
Der aktuelle Angriff erfolgte in einem Gebiet, in das in den letzten Monaten Ruhe eingekehrt war. Medienberichten zufolge sind viele Vertriebene wieder zurückgekehrt, andere haben im Norden Zuflucht gesucht. Wie „Kirche in Not“ mitteilte, hatte es vor wenigen Tagen ein Waffenstillstandsabkommen der kongolesischen Regierung mit einer weiteren der zahlreichen im Land aktiven Rebellengruppen gegeben, der sogenannten M23-Gruppe, die von Ruanda unterstützt werde. Diese Gruppe habe im Osten der Demokratischen Republik Kongo zahlreiche Gebiete eingenommen. Viele Menschen seien in den Norden geflüchtet, „wo nun der islamistische Angriff stattfand".
Die ADF, die den Angriff verübt hatte, steht der Islamistengruppe Islamischer Staat (IS) nahe, der sie 2019 die Treue schwor. Gegründet hat sie sich in den 1990er-Jahre in Uganda aus verschiedenen kleinen Gruppen, nachdem es zu Unzufriedenheit mit Präsident Yoweri Museveni gekommen war. Nach ersten Angriffen auf ugandische Streitkräfte verlegte die ADF 2002 ihre Aktivitäten in den Kongo, wo sie immer wieder Zivilisten tötete. Der Kongo ist vor allem wegen seiner reichen Rohstoffvorkommen beliebt, weshalb verschiedene Rebellengruppen seit vielen Jahrzehnten um die Vorherrschaft kämpfen. Die Konflikte in der Region reichen zurück bis unter anderem zum Völkermord in Ruanda im Jahr 1994. DT/dsc
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