Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Die AfD ist auf dem Weg zur Polit-Sekte

Der Parteitag in Riesa hat gezeigt: Björn Höcke ist der starke Mann der AfD und drückt der Partei seinen Stempel auf.
Björn Höcke beim AfD-Bundesparteitag
Foto: Sebastian Kahnert (dpa)

Björn Höcke ist der starke Mann der AfD. Die Geschichte von der vermeintlichen Alternative für bürgerliche und konservative Wähler ist mit dem Parteitag in Riesa nun wirklich endgültig auserzählt. Wer jetzt noch behauptet, die AfD sei für von den etablierten Parteien frustrierte Demokraten rechts der Mitte wählbar, verfährt nach der Methode der drei Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. 

Bundessprecher von Höckes Gnaden

Sehen konnte man, wie Höcke und seine Mannen das Geschehen in Riesa dominierten. Tino Chrupalla und Alice Weidel wurden zu Bundessprechern gewählt, weil der Thüringer es wollte. Alles spricht dafür: Beim nächsten Mal wird er selbst zur Macht greifen. Am Sonntag stellte er schließlich unter Beweis, wie sehr es in seiner Hand liegt, die Partei ins Chaos zu stürzen. Über eine Europa-Resolution, in der die Auflösung der EU gefordert wurde und statt vom russischen Angriffskrieg von einem „Ukraine-Konflikt“ die Rede war, entbrannte so eine heftige Debatte, dass schließlich der Parteitag vorzeitig beendet wurde.

Lesen Sie auch:

Zu hören war, wie sich die Delegierten anbrüllten, mit fiesen Spitzen attackierten und eines jedenfalls nicht zeigten: ein bürgerliches Auftreten. Daran ändern auch die vielen Krawatten und Einstecktücher nichts. Krawall war an der Tagesordnung. Feind, Todfeind, Parteifreund – offenbar das politische Credo des durchschnittlichen AfD-Funktionärs.

Sie zimmern sich eine Gegenwelt zusammen

Und schließlich wurde Björn Höcke auch sehr deutlich darin, was er sagte. Der Verfassungsschutz sei ein Instrument der Regierung, um missliebige Meinungen zu unterdrücken. Während die sogenannten „Gemäßigten“ danach streben, ihre Partei aus dem Fahndungskreuz der Schlapphüte zu bugsieren, sieht es Höcke genau andersherum. Er betrachtet es geradezu als Ehre, von diesem Verfassungsschutz, der ja aus seiner Sicht bloß ein Büttel des „Systems“ ist, beobachtet zu werden. Höcke will die AfD zur Anti-System-Partei machen. Dass er damit den Weg hin zur politischen Sekte einschlägt, stört ihn ebenfalls nicht. Denn er ist ihr Guru. Und in seinen ostdeutschen Hochburgen zimmert er sich mit seinen Unterstützern eine Gegenwelt zusammen.  

Die AfD ist nicht die politische Kraft, die die Repräsentationslücke füllen kann, die rechts der Mitte klafft. Wer das glaubt, ist entweder hoffnungslos naiv oder wirft bewusst Nebelkerzen. Politisch ernst zu nehmen ist er nicht.  

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Sebastian Sasse Alice Weidel Alternative für Deutschland Björn Höcke

Weitere Artikel

Die Rechtsaußen-Partei gründet mit der „Generation Deutschland" eine neue Kaderschmiede. Finden sich so Leute, die mehr können, als nur Propaganda-Videos bei Instagram hochzuladen?
03.12.2025, 15 Uhr
Sebastian Sasse
Das massiv behinderte ARD-Interview mit AfD-Chefin Alice Weidel schlägt weiterhin hohe Wellen. Nun rückt der Störungsurheber, das „Zentrum für politische Schönheit“, ins Visier.
23.07.2025, 11 Uhr
Stefan Ahrens
Alexander Gauland nannte seine Partei mal einen „gärigen Haufen“. Mit dem Essener Parteitag ist der Gärungsprozess in der AfD nun abgeschlossen. Ganz anders sieht es mit Deutschland aus.
03.07.2024, 17 Uhr
Sebastian Sasse

Kirche

„Quiet revival“ nun auch in Deutschland? Jüngere Menschen haben eher vor, an Weihnachten in die Kirche zu gehen. Das Vor-Corona-Niveau bleibt allerdings noch unerreicht.
12.12.2025, 14 Uhr
Meldung
Die Linkspartei erlebt einen Höhenflug. Doch ist er von Dauer? Gegen den Wiederaufstieg helfen nur zwei Dinge, schreibt Hubertus Knabe.
11.12.2025, 21 Uhr
Hubertus Knabe
Ulrich Lehner lehrt an einer der renommiertesten katholischen Universitäten der USA. Im Interview erzählt er, wie die Wahl von Papst Leo in Amerika aufgenommen wurde, und was die deutsche ...
12.12.2025, 08 Uhr
Sebastian Ostritsch
Das Erzbistum Köln und der Neokatechumenale Weg feiern in Bonn; die Vision einer Kirche, die sich senden lässt.
11.12.2025, 19 Uhr
Beatrice Tomasetti
Mit ihrem Schulpapier geben katholische Bischöfe politischem und medialem Druck Richtung „sexueller Vielfalt“ nach. Doch wieder hinkt die Kirche in Deutschland einen Schritt hinterher.
11.12.2025, 17 Uhr
Franziska Harter