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Der Islam und das Abendland – Warum der Dschihad weiter erobert

In La Nef analysiert der christliche Islam-Experte Raymond Ibrahim, wie sich die Feindseligkeit des Islam gegenüber dem Christentum über Jahrhunderte dauerhaft fortsetzt.
Militante Palästinenser
Foto: Ashraf Amra (APA Images via ZUMA Wire) | Palästinensische Autonomiegebiete, Rafah: Mitglieder des bewaffneten Arms der Organisation Islamischer Dschihad zielen mit Waffen in die Luft bei der Beerdigung von getöteten Mitgliedern der Gruppe.

In dem katholischen Magazin La Nef erläutert der Nahost- und Islam-Experte koptischer Herkunft, Raymond Ibrahim, in einem Interview die Gründe dafür, weshalb sich die Feindseligkeit des Islam gegenüber dem Christentum seit seinen Ursprüngen durch die Jahrhunderte gehalten und sich in oftmals kriegerischen Angriffen auf ehemals christliche Gebiete realisiert hat. Anlass für das Gespräch ist die Veröffentlichung die französische Fassung („L’épée et le cimetierre: Quatorze siècles de guerres entre l’Islam et l’Occident“) der englischen Originalausgabe „Sword and Scimitar: Fourteen Centuries of War between Islam and the West“ ( auf Deutsch etwa: „Schwert und Krummsäbel: Vierzehn Jahrhunderte Krieg zwischen Islam und Westen“). Der in den Vereinigten Staaten als Kind koptischer Einwanderer aus Ägypten geborene Autor schreibt derzeit an der Katholischen Universität von Amerika seine Doktorarbeit über das Thema „Mittelalterliche Geschichte des Islam“.

Tendenz, religiösen Aspekt auszuklammern

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Die Feindseligkeit des Islam gegenüber dem Christentum lasse sich im Laufe der gesamten islamischen Geschichte feststellen, betont Ibrahim. Das Problem dabei sei aber, „dass die modernen Historiker dazu tendieren, den religiösen Aspekt auszuklammern und sich eher auf die nationalen Identitäten zu konzentrieren. Wir wissen zum Beispiel, dass im Laufe der Jahrhunderte eine große Zahl ‚orientalischer‘ Völker in beträchtliche Teile Europas eingefallen sind und sie bisweilen auch erobert haben“. Die modenen Historiker hätten diesen Völkern eine Vielzahl von Namen gegeben: „Araber, Mauren, Berber, Türken und Tataren oder auch Omaijaden, Abbasiden, Seldschuken und Ottomanen“. Was die modernen Historiker jedoch vermieden, sei, das hervorzuheben, was sie alle einte, dass sich nämlich alle „auf die gleiche dschihadistische Logik und die gleiche dschihadistische Rhetorik wie die der heutigen terroristischen Gruppen wie etwa des Islamischen Staats stützten“.

Egal, ob es sich dabei um die Araber (oder „Sarazenen“) gehandelt habe, die die Christenheit zum ersten Mal im 7. Jahrhundert überfielen, oder um die Türken und Tataren, die Europa bis zum 18. Jahrhundert „terrorisiert“ hatten – „alle rechtfertigten ihre Invasionen in Zusammenhang mit der islamischen Lehre stehend, nämlich insofern, als dass es ‚Schicksal‘ des Islam sei, mittels des Dschihad über die ganze Welt zu herrschen“. Zudem hätten alle ebenfalls „die klassischen rechtlichen Anordnungen befolgt, die vor allem darin bestehen, den ‚Ungläubigen‘ vor der Schlacht drei Wahlmöglichkeiten anzubieten: die Konversion zum Islam, die Annahme der Dhimma und damit von Tributzahlungen, oder den Tod“, bemerkt Ibrahim. Und wenn sie erst einmal eine christliche Region erobert hatten, „zerstörten sie unverzüglich die Kirchen oder verwandelten sie in Moscheen, und verkauften alle Christen, die nicht niedergemetzelt worden waren, womit sie sie zu einer widerlichen- oftmals sexuellen – Sklaverei verurteilten“.

Vom Islam beständig attackiert

Der moderne Westen sei, so kommentiert Ibrahim, derart „ignorant, wenn er behauptet, dass Gruppen wie der Islamische Staat sich nicht gemäß der islamischen Lehre und deren Glaubenssätze verhielten. Tatsächlich aber handeln letztgenannte nicht nur in strikter Übereinstimmung mit der traditionellen Sichtweise der Welt des Islam – hassen, kämpfen, töten und die Ungläubigen versklaven -, sondern sie ahmen oftmals bewusst die großen Dschihadisten der Geschichte nach (wie etwa Chalid ibn al-Walid, das ‚Schwert Gottes“), über die der Westen eher nichts weiß“.

Der Begriff „Okzident“ oder „Abendland“ verschleiere nach Meinung des Autors zudem die Tatsache, dass die vom Islam eroberten „orientalischen“ Gebiete - Syrien, Ägypten, Kleinasien und Nordafrika – zum christlichen römisch-griechischen Erbe gehörten. Daher könne man die wahre Geschichte des Islam als auch seine eigene – und insbesondere den Einfluss des Islam – nicht wirklich verstehen. Was man heute „Abendland“ nennt, war jahrhundertelang von der territorialen Ausdehnung seiner Religion begrenzt: Die „Christenheit“ habe damals alle soeben genannten Gebiete umfasst, diese „waren mehrere Jahrhunderte vor der Ankunft des Islam christlich geworden und gehörten derselben globalen Zivilisation an“. Nach der Eroberung dieser Regionen ist „der überwiegende Teil Europas zur letzten Bastion der Christenheit geworden, die nicht erobert, aber vom Islam beständig attackiert wurde“.

Der Verzicht der Europäer, ihre Siege über muslimische Angriffe feierlich zu begehen, sei Anzeichen für ihren Pazifismus und ihre Selbstaufgabe sowie für das Wiederaufleben des Islam, konstatiert Ibrahim in „La Nef“. Für einige von ihnen, etwa für eine wachsende Anzahl von Spaniern, sei die „Reconquista“ – die Jahrhunderte dauernde Befreiung Spaniens vom Islam – „nur noch eine Quelle der Scham, eine Erinnerung an die ‚Intoleranz‘ und ‚Rückständigkeit‘ ihrer Vorfahren – insbesondere gegenüber den Muslimen von Al Andalus, die vermeintlich ‚tolerant‘ und ‚fortschrittlich‘ waren“. In Wirklichkeit sei die Scham, die diese Eliten im Hinblick auf ihre Vorfahren empfänden, und die Lobeshymnen auf deren Feinde „aufschlussreich in Bezug auf die Indoktrination durch eine ‚Geschichte‘, die im völligen Widerspruch zur Realität steht“, wie Ibrahim geltend macht.

Muslime kennen Geschichte ihrer Religion besser

Darüber hinaus sei das Prinzip der „Taqiya“ – mit dem das Verhalten unter einer nicht-muslimischen Regierung definiert wird - immer noch aktuell, meint der Autor: „Die Taqiya (Verheimlichung) – die den Muslimen erlaubt, die Nicht-Muslime zu täuschen, indem beispielsweise behauptet wird, man verzichte auf den Dschihad oder kehre sich vom Islam ab und dem Christentum zu – ist noch immer aktuell. So schrieb Sami Nassib Makarem [1931-2012], die größte Autorität auf dem Gebiet der Taqiya, [2004] in seinem Buch ‚Die Taqiya im Islam‘: ‚Der Taqiya kommt im Islam eine entscheidende Bedeutung zu. Praktisch alle islamischen Sekten halten an ihr fest und praktizieren sie… Wir können sogar sagen, dass die Praktik der Taqiya im Islam gängig ist, und dass die wenigen Sekten, die sie nicht praktizieren, von der herrschenden Strömung abweichen…‘ Er fügt noch hinzu, und wir betonen das: ‚die Taqiya ist sehr weitverbreitet in der islamischen Politik, vor allem in der Neuzeit‘“.

Der durchschnittliche Muslim sei bei weitem sehr viel besser über die Geschichte des Islam unterrichtet als der durchschnittliche Europäer über seine eigene Geschichte, bemerkt Ibrahim weiter. Schlimmer sogar, „die Europäer werden eher ‚geschult‘ – das heißt indoktriniert – in verzerrten Erzählungen, die konzipiert wurden, um ihre Vergangenheit und ihr Erbe zu verteufeln, während zugleich die Vergangenheit und das Erbe der anderen, gerade der Muslime, weißgewaschen wird“. Denn der Dschihad gegen die Ungläubigen sei „tatsächlich integraler Bestandteil des Islam, was überall dokumentiert und bestätigt wird – im Koran, in Hadithen und Sunna, sowie im gemeinsamen Verständnis der Umma. Kein einziger maßgeblicher religiöser Muslim – in Vergangenheit oder Gegenwart – hat das jemals geleugnet – außer natürlich, wenn er sich vor ‚ungläubigen‘ Zuhörern äußert und die Taqiya praktiziert“.  DT/ks

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