Eine Anmerkung von Wolfram Weimer lässt aufhorchen. Bei einer Rede vor den Mitgliedern des „Pour le Mérite“, dem Orden, in dem sich die deutsche Geisteselite versammelt, warnte der Kulturstaatsminister vor den Folgen eines „globalen Kulturkampfes“. Explizit wies er auf eine freiheitsfeindliche Grundstimmung in den USA hin und machte einen „Angriff auf die Aufklärung“ aus.
Jetzt mag sicher mancher denken, der bekennende Konservative Weimer, der zu seinem Amtsantritt mit Misstrauensbekundungen aus dem etablierten Kulturbetrieb verbunden mit Warnungen vor einer angeblichen rechten Tendenzwende geradezu überschüttet worden ist, wolle sich hier bloß beim linksliberalen Mainstream lieb Kind machen. Und da sei doch eine Retourkutsche für J. D. Vance und dessen Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz genau das Richtige.
Was alle Kulturkämpfer verbindet
Nichts wäre falscher als das. Ja, so eine Einschätzung belegt vielmehr, wie sehr man selbst schon durch eine Kulturkampflagermentalität bestimmt wird. Weimer hat recht, wenn er vor den Gefahren eines „rechten Kulturkampfes“ warnt. Diese sind, nicht nur mit Blick auf die USA, deutlich zu erkennen, auch in Deutschland: etwa in der Art und Weise, wie die AfD ihre Kampagnen in den sozialen Medien steuert. Das festzustellen bedeutet auch nicht, den „linken Kulturkampf“ zu leugnen.
Ganz im Gegenteil. Vielmehr erleichtert der Blick auf beide Phänomene, zu erkennen, was alle Kulturkämpfer verbindet. Es ist die Unterordnung der Sachlichkeit, der Fakten unter die eigenen politischen Kampagnenziele. Es zählen keine Argumente, entscheidend ist die Frage: Wer ist der Feind, wer ist der Freund? Dem ideologischen Kern des jeweiligen Lagers wird alles andere untergeordnet. Die ersatzreligiösen Züge, die diesen „globalen Kulturkampf“ auf beiden Seiten ausmachen, sind unübersehbar.
Gerade die Rechte, und das durchaus in globaler Dimension, steht hier in der Verantwortung. Zumindest im Westen kann man feststellen, dass die seit Ende der 60er Jahre bestehende linke kulturelle Deutungshoheit weg ist. Wenn die Rechte aber diese Lücke füllen will, muss sie intellektuell dazu auch in der Lage sein. Die Flucht in immer neue Überdrehungen des eigenen Kulturkampfes ist das Gegenteil davon.
Die Niederlande liefern ein Negativbeispiel
Ein Beispiel dafür, wie man es nicht macht, kann man in den Niederlanden gerade beobachten: Die Regierung dort war eine Art Modell dafür – ähnlich wie Schweden -, wie eine bürgerliche Regierung sich nach rechts öffnet, um die Probleme zu lösen, die die Mehrheit der Bevölkerung bedrücken. So weit die Theorie. Die Praxis ist mit dem Austritt von Geert Wilders aus der Koalition nun gescheitert.
Die Umstände sind symptomatisch: Solchen Rechtspopulisten geht es nicht um Lösungen, stattdessen müssen sie die Empörungsspirale immer weiterdrehen. Denn die Empörung ist das Lebenselixier für diese Kulturkämpfer. Deswegen: Weimer hat die richtigen Fragen aufgeworfen. Die Antworten müssen nun andere geben.
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