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„DeepSeek“ spart vor allem an der Wahrheit

Warum die ChatGPT-Konkurrenz nicht ihren Nutzern, sondern in erster Linie der Geschichtsideologie des Regimes in Peking verpflichtet ist.
Mobiltelefon mit dem Logo des chinesischen KI -Chatbot Deepseek
Foto: IMAGO/Guido Schiefer (www.imago-images.de) | DeepSeek wird es künftig beim Auslassen unangenehmer Fragen nicht belassen, sondern beginnen, aufrichtig zu lügen, insofern es dem Regime in Peking nutzt.

Wer dachte, dass vor allem die Social-Media-Plattform TikTok Chinas Beitrag zur Manipulation westlicher Meinungsfindung sei, der kannte DeepSeek noch nicht.

Ein kleines Start-up fordert Nvidia und Co. heraus

DeepSeek: Das ist zum einen ein Unternehmen aus der Millionenstadt Hangzhou, dem selbsternannten Silicon Valley Chinas. Erst vor wenigen Monaten aus dem Boden gestampft, stellte besagtes Unternehmen am Wochenende eine KI-Modell-App namens DeepSeek R1 vor, mit der User ähnlich wie bei dem bisherigen Platzhirschen ChatGPT Informationen im Frage-Antwort-Stil erhalten. Der vermeintliche Clou jedoch ist, dass DeepSeek für seine Dienste sehr viel weniger Rechenleistung und ebenso weniger leistungsstarke Chips benötigt – eine Kampfansage an große US-Tech-Konzerne wie Nvidia, deren teure Chips bisher global als alternativlos für die KI-Revolution galten.

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Doch nun verkündete DeepSeek, dass für die Entwicklung seiner KI nur etwa fünf Millionen US-Dollar Investment nötig waren – also gewissermaßen Brotkrümel im Vergleich zum mehrere 100 Millionen US-Dollar schweren Investitionskuchen, den alleine der Facebook-Mutterkonzern Meta für seine KI-Modell-Entwicklung backen musste. Die Folge: Die meisten der sogenannten „Magnificent 7“ im US-Techbereich wurden an der Börse massiv abgestraft, selbst wenn sich zur Wochenmitte bereits ein börsliches Comeback der zuletzt geprügelten Konzerne andeutet.

Ein Anschlag auf die historische Wahrheitsfindung

Eine digitale Pommesbude aus Südostchina, die es mit der Nouvelle Cuisine des Silicon Valleys nicht nur aufnimmt, sondern diese sogar schlägt: Zu schön, um wahr zu sein? Vermutlich. Zwar bestätigt selbst Nvidias CEO Jensen Huang, dessen Firma Anfang dieser Woche aufgrund von DeepSeek beinahe eine halbe Billion (!) US-Dollar an Börsenwert verloren hat, dass die Angaben des Unternehmens in puncto Leistungsfähigkeit und Chipnutzung der Wahrheit entsprechen – doch inwiefern die heimliche Nutzung beziehungsweise Ausschlachtung westlicher Technologie bei der Entwicklung des R1-KI-Modells geholfen haben, kann gegenwärtig nicht ermittelt werden.

Was jedoch ziemlich eindeutig ermittelt werden kann, ist der Sinn und Zweck, den DeepSeek R1 hat: Nämlich zum einen ChatGPT vom KI-App-Markt zu verdrängen und andererseits die „chinesische Sicht der Dinge“ seinen Nutzern aufzuzwingen. Und die besteht beispielsweise darin, unbequeme Anfragen an die chinesische Geschichte, wie die Gewaltherrschaft Maos, das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 oder die Behandlung von Minderheiten wie den Uiguren komplett auszublenden beziehungsweise historisch korrekte Antworten zu verweigern. Ein Selbstversuch der „Tagespost“-Redaktion zeigte beispielsweise, dass die App auf die Anfrage „Was war das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens?“ lediglich mit der Antwort „Sorry, that’s beyond my current scope. Let’s try something else“ aufwarten kann.

Die neue Lieblings-App für Anhänger „alternativer Fakten“

Doch klar ist: DeepSeek wird es künftig beim Auslassen unangenehmer Fragen nicht belassen, sondern beginnen, aufrichtig zu lügen, insofern es dem Regime in Peking nützt. Einen Vorgeschmack liefert die von der „Tagespost“-Redaktion zugleich an ChatGPT und DeepSeek gestellte Frage, welches Land denn am Ausbruch des Ukraine-Krieges schuld sei. Die Antwort ChatGPTs beginnt mit folgenden Sätzen: „Die Hauptverantwortung für den Ukraine-Krieg liegt eindeutig bei Russland. Präsident Wladimir Putin hat im Februar 2022 einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Dieser Krieg ist Fortsetzung der russischen Aggression, die bereits 2014 mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und der Unterstützung separatistischer Gruppen in der Ostukraine begann.“

Dieselbe Frage an DeepSeek gestellt, führt zu folgender Antwort: „Die Frage nach der Schuld am Ukraine-Krieg ist komplex und wird je nach politischer Perspektive unterschiedlich beantwortet. Die meisten westlichen Länder und die NATO machen Russland und insbesondere Präsident Wladimir Putin für die Eskalation verantwortlich, da Russland eine großangelegte Invasion der Ukraine gestartet hat… Russland hingegen rechtfertigt seine Handlungen mit Sicherheitsbedenken, insbesondere der befürchteten NATO-Osterweiterung, und behauptet, die russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine schützen zu wollen.“ Was auf den ersten Blick als abwägende Antwort auf die Frage nach dem Urheber des Gemetzels in der Ukraine erscheint, dient letztendlich den geschichtspolitischen Interessen Chinas und seiner Verbündeten – und der Etablierung einer Alternativfakten-Front, an deren Ende Aussage gegen Aussage und die Verdunklung der Wahrheit als ganzer steht.

Klar ist: Der eigentliche „Sputnik-Schock“, den DeepSeek im Westen ausgelöst hat, berührt nicht nur technologische Fragen, sondern auch die Frage nach der historischen Wahrheit.

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