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Das Europa der Werte

Beim internationalen Kongress des „Instituts der Regionen Europas“ in Salzburg war die russische Bedrohung allgegenwärtig.
IRE-Kongress in Salzburg
Foto: OSG/Florian Feuchtner | Karl von Habsburg und „Tagespost“-Kolumnist David Engels warben für die Verteidigung der europäischen Werte.

Der Kongress atmete hörbar auf. Als beim 21. Europe Summit des „Instituts der Regionen Europas“ (IRE) die Wahlergebnisse aus der Republik Moldau bekannt wurden, war die Erleichterung mit Händen zu greifen. Von einem „Hoffnungszeichen“ sprach IRE-Präsident Franz Schausberger, von einer bestandenen Bewährungsprobe die stellvertretende Regierungschefin Moldaus, Cristina Gherasimov. Sie wusste von russischen Cyberattacken und jahrelangen Desinformationskampagnen zu berichten, aber auch davon, dass die arme kleine Republik zwischen Rumänien und der Ukraine nun vier Jahre habe, um sich in der Europäischen Union zu verankern. „Gemeinsam sind wir stärker!“, sagte Gherasimov, und: „Russland hat wieder eine Schlacht in Moldau verloren.“ Doch man müsse weiter wachsam sein. So martialisch wird der Wahlsieg der proeuropäischen Kräfte und die Niederlage der prorussischen beschrieben, denn es geht im Osten Europas nicht um Programme, sondern um geopolitische Weichenstellungen.

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Unter den Teilnehmern aus 16 Ländern, die sich drei Tage lang mit Grundsatz- und Zukunftsfragen der Regionen Europas befassten, schien Konsens zu sein, was die Georgierin Khatia Kikalishvili so formulierte: „Russland ist kein Partner, sondern ein Feind.“ Moskau wolle seinen Einfluss in der Region nicht aufgeben, das sei „klar wie Wasser“. Für die Ukraine, Georgien und Moldau sei „die Freiheit unmittelbar mit der EU verbunden“, so Kikalishvili, die Moldau zu seiner proeuropäischen und nicht korrupten Regierung gratulierte, doch bitter anfügte: „In Georgien herrscht seit zehn Jahren ein prorussisches Regime, das sein wahres Gesicht erst 2022 gezeigt hat.“ 2022, also nach der russischen Vollinvasion in der Ukraine. Da ist sie wieder, die Zeitenwende.

IRE-Kongress in Salzburg
Foto: OSG/Florian Feuchtner | Hochkarätiges Podium des St. Georgs-Ordens auf dem Kongress des „Instituts der Regionen Europas“ in Salzburg.

„Aus dem Wolf wird kein Schaf“

Die Überzeugung, dass Russland eine Bedrohung für Europa ist, dass die Ukraine darum entschlossen unterstützt werden muss, dass sich die Verteidigung der Freiheit lohnt, auch wenn der Preis hoch sein kann, zog sich wie ein roter Faden durch Reden und Statements. Die Salzburger Landeshauptfrau Karoline Edtstadler (ÖVP) forderte eine EU-Sicherheits- und Verteidigungsstrategie und neue Wehrhaftigkeit. EU-Kommissar Magnus Brunner meinte, die EU sei eine starke Handelsmacht und sollte selbstbewusster auftreten. Österreichs Europaministerin Claudia Plakolm sagte, die EU sei nicht perfekt, doch gelte es nun angesichts gewachsener Bedrohungen und globaler Herausforderungen, die europäischen Werte zu verteidigen.

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Foto: OSG/Florian Feuchtner | Der Autor (Mitte) mit Bischof Bohdan Dzyurakh und Karl von Habsburg in Salzburg.

Um Europas Werte ging es auch beim Kolloquium des St.-Georgs-Ordens auf dem IRE-Kongress. In der Ukraine würden nicht nur zwei Länder miteinander ringen, sondern zwei Wertvorstellungen, meinte da der Großmeister des Ordens und Paneuropa-Ehrenpräsident, Kaiserenkel Karl von Habsburg. Europa müsse seine Werte nötigenfalls mit der Waffe in der Hand verteidigen. Zu den Drohnenattacken Russlands auf Polen, Rumänien und die baltischen Staaten riet er, auf die russischen Drohnen- und Waffenproduktionsstätten zu zielen, statt nur Drohnen abzuschießen. „Sonst kann man keinen Krieg gewinnen.“

Die Ukraine bezahlt für die früheren Fehler Europas

Die Ukrainer müssten nun für die früheren Fehler Europas bezahlen, sagte der ukrainische Bischof Bohdan Dzyurakh. Die westliche Formel „Wandel durch Handel“ sei ein folgenreicher Irrtum gewesen. „Aus dem Wolf wird kein Schaf!“ In Russland habe es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion keine Vergangenheitsbewältigung gegeben: „Das blutige Erbe des Kommunismus wurde nicht aufgearbeitet.“ Der in München residierende griechisch-katholische Bischof verwies auf die 2022 spürbare Welle der Solidarität für die leidgeprüfte Ukraine, die die menschliche Fähigkeit zum Mitleid gezeigt habe. Bischof Dzyurakh meinte: „In den Schmerzen meines Volkes wird ein neues Europa geboren: das Europa der Werte.“

Der Historiker und „Tagespost“-Kolumnist David Engels fürchtete, dass Europa „auf einen casus belli nicht vorbereitet“ wäre. Viele würden darauf hoffen, dass der Krieg einschläft, doch müsse Europa jetzt lernen, auf den eigenen Beinen zu stehen. Dazu aber müsse es seine „große Identitätskrise“ überwinden. Der IRE-Kongress in Salzburg war jedenfalls ein Beitrag hierzu.

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Stephan Baier Österreichische Volkspartei

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