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Bundesverfassungsgericht: Eliten-Arroganz oder Schutz der Demokratie?

Die Ampel und die Union wollen das Bundesverfassungsgericht vor vermeintlichen extremistischen Bedrohungen schützen. Überzeugt die Kommunikation dazu?
Fraktionen wollen Bundesverfassungsgericht stärken
Foto: IMAGO/Jürgen Heinrich (www.imago-images.de) | Die Ampel-Parteien und die Union wollen das Bundesverfassungsgericht wetterfest gegenüber drohenden Gefahren von Extremisten und Populisten machen.

In seltener Einmütigkeit haben die Ampel-Parteien zusammen mit der Union vorgestellt, wie sie das Bundesverfassungsgericht wetterfest gegenüber drohenden Gefahren von Extremisten und Populisten schützen wollen. Als Grund dafür werden immer die Erfahrungen aus Polen angeführt, wo die PIS ihren Machtzielen entsprechend die Justiz umgeformt hat.

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Bei dem Vorschlag geht es vor allem darum, die bisherige Struktur des Gerichtes und das Verfahren zur Bestellung von Richtern zu sichern. Es soll nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden können. Weiterhin soll verhindert werden, dass Richterwahlen blockiert werden. Sollte mehrere Monate im Bundestag keine Mehrheit zustande kommen, entscheidet allein der Bundesrat. Gleiches soll umgekehrt gelten, wenn sich im Bundesrat keine Mehrheit findet. 

Die Kategorien rechts und links taugen nicht mehr

Zumindest im bundesrepublikanischen Sinne ist eine solche Vorsorge-Maßnahme im besten Sinne konservativ. Schließlich soll hier die Gestalt einer für unser Gemeinwesen zentralen Institution erhalten werden. Allerdings zeigt sich an den öffentlichen Reaktionen, dass auch in Deutschland immer weniger die Kategorien rechts und links dazu taugen, politische Lager einzuordnen. Der neue Unterschied lautet: abgehobene Elite gegen Populisten. Populist ist in diesem Kontext kein Schimpfwort mehr.

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Foto: privat / dpa/Montage pwi | Woche für Woche berichtet unser Berlinkorrespondent in seiner Kolumne über aktuelles aus der Bundeshauptstadt.

Ein Blick nach Amerika: Als Paul Ronzheimer vor einigen Tagen für „Bild“ den ehemaligen Botschafter der USA in Deutschland, Richard Grenell, interviewte, erklärte dieser frei heraus: Er sei ein Populist und damit das Gegenstück zu einer linken Politik-Elite, die das System erhalten wolle, das den Menschen aber keinen Wohlstand beschere. Grenell wird von manchen Beobachtern als Außenminister einer künftigen Trump-Administration gehandelt. 

Keine Frage, dieses Narrativ feiert auch in Deutschland Konjunktur. Auf dieser Erfolgswelle segeln im Moment vor allem noch AfD und BSW, aber vielleicht schon bald auch andere.

Es fehlt ein zugkräftiges Narrativ

Ist es also richtig, wenn nun die, wenn man so will, Parteien der alten Bundesrepublik nun ihre Vorsorgemaßnahmen ergreifen? Man könnte auch aus einer anderen Perspektive darauf schauen: Bestätigen sie nicht gerade die Sichtweise der Populisten? Eine Elite will das System stabilisieren, das ihre politische Macht sichert.

Das größte Problem: Die Parteien, die sich zurecht Sorgen um die Stabilität des Gerichts machen, setzen dieser Kampagne nicht wirklich ein zugkräftiges Narrativ entgegen. Immerhin, sie machen etwas, aber an der Kommunikation hapert es.

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