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Bundestagswahl: „Wenigstens kein Rot-Rot-Grün“

Katholische Reaktionen zur Bundestagswahl: Viele sehen einen Wunsch nach Veränderung. Und einer warnt vor einer Aufweichung des Werbeverbots für Abtreibung.
Nach der Bundestagswahl - SPD
Foto: Britta Pedersen (dpa) | Der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, ist mit Blick auf die Bundestagswahlen zuversichtlich, dass es eine stabile Koalition geben wird.

Zäsur nach 16 Jahren Merkel: Die SPD hat die Bundestagswahl 2021 gewonnen. Nachdem die SPD am Wahlabend lange Zeit nahezu gleichauf mit der Union war, hat sie nach dem vorläufigem Endergebnis 25,7 Prozent erreicht, die Union nur 24,1 Prozent.

So kommentieren Katholiken das vorläufige amtliche Endergebnis:

BKU: Wirtschaft präferiert Jamaika, kann aber auch mit einer Ampel leben

„Die Wähler in Deutschland wollen Stabilität, aber auch Veränderung“, analysiert der Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Ulrich Hemel  gegenüber der „Tagespost“ das Ergebnis der gestrigen Bundestagswahl. 

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 „Wahlen sind Festtage der Demokratie, bei denen die Weichen für die Zukunft gestellt werden“, ergänzt Hemel. Das Ergebnis der Bundestagswahl zeige, dass es zwei etwa gleich starke Blöcke der ehemals großen Volksparteien CDU/CSU und SPD gebe. Interessant sei, dass die Herausforderer Bündnis 90/die Grünen und FDP gemeinsam in etwa die Ergebnisse der SPD und der Unionsparteien erreichen. „Das zeigt, dass sich die politische Arithmetik in der Bundesrepublik Deutschland durchaus verändert hat“. Gerade die jungen Menschen hätten mit ihrer Stimmabgabe gezeigt, dass sie einen großen Wunsch nach Veränderungen hin zu einer ökologischeren Politik hätten. „Wichtig ist, dass sich gezeigt hat, dass es keine Tendenz zu extremen Parteien gebe, sondern, dass die meisten Wähler sich für Maß und Mitte entschieden haben“, so Hemel weiter. Bemerkenswert sei allerdings auch, dass etwa 25 Prozent der Wähler ihre Unzufriedenheit mit dem bisherigen Regierungshandeln durch Stimmen an die AfD, der Linkspartei oder sonstige Parteien zum Ausdruck gebracht hätten.

Die Wirtschaft könne, so Hemel, sowohl mit einer Jamaika-Regierung, die sie sicherlich überwiegend präferiere, als auch mit einer Ampel leben. Wichtig sei allerdings, dass die neue Regierung ein Investitionsklima schaffe, in dem die Bewältigung der Klimakrise und der Ausbau der Digitalisierung möglich seien.  

Bundesverband Lebensrecht e.V.: Rot-Rot-Grün wäre verheerend gewesen

„Die ethisch bedenklichste Konstellation Rot-Rot-Grün, die unter anderem Abtreibung übereinstimmend als von den Krankenkassen bezahlte Gesundheitsleistung umdefinieren und die Gewissensfreiheit für medizinisches Personal abschaffen würde, hat keine Mehrheit gefunden“, zeigt sich Alexandra Maria Linder, Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht e.V., gegenüber der „Tagespost“ zufrieden. 

Bei den weiteren möglichen Koalitionen wird es jedoch laut Linder darauf ankommen, welche größere Partei beteiligt ist und inwieweit der Liberalismus sich „seiner ethischen Grundlage, die auch er braucht, um einen freiheitlichen und gleichzeitig verantwortungsvollen Rechtsstaat aufrechtzuerhalten und zu stärken, bewusst wird“. Für Linder steht fest: „Das Recht und den Willen der Stärkeren, Gesünderen, Leistungsfähigeren auf Kosten derjenigen Menschen durchzusetzen, die ihre Rechte und Schutzansprüche noch nicht, nicht mehr, gerade nicht oder gar nicht geltend machen können, brächte unsere Gesellschaft in weitere Schieflage.“

Bischöfe loben hohe Wahlbeteiligung 

Der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, ist mit Blick auf die Bundestagswahlen zuversichtlich, dass es eine stabile Koalition geben wird. Es laufe auf das erwartete knappe Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Union und SPD hinaus, sagte er der "Katholischen Nachrichten-Agentur" (KNA) am Sonntagabend in Berlin in einer ersten Reaktion. Er gehe davon aus, dass es bei den möglichen Konstellationen keine Veränderungen im Verhältnis von Staat und Kirche geben werde, sagte Jüsten weiter. Mit Blick auf den Lebensschutz könne es bei einer möglichen Koalition ohne die Union zu Veränderungen beim Werbeverbot für Abtreibungen kommen. Er bewerte es positiv, dass die AfD nach den bisherigen Hochrechnungen an Stimmen verloren habe.

Die Bischöfe von Essen und Hamburg, Franz-Josef Overbeck und Stefan Heße, würdigten ebenfalls am Wahlabend im Gespräch mit Domradio.de die hohe Wahlbeteiligung: "Das hat sich in den letzten Wochen und Monaten, eigentlich seit Ende Juni, Anfang Juli und vor allen Dingen zunehmend noch nach der Flutkatastrophe, die uns in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz so sehr betroffen hat, deutlich gezeigt und ist ein positives, finde ich, reifes Zeichen der Demokratie, dass Politik im Sinne dessen, dass alle sich mit dem beschäftigen, was alle öffentlich angeht, ein großes Thema wird“, sagte Overbeck dem Radiosender. Und Erzbischof Heße ergänzte: „Ich freue mich über die hohe Wahlbeteiligung, die unter Coronabedingungen erzielt worden ist. Darin sehe ich eine Stärkung unserer demokratischen Gesellschaft.“  DT/sta

Lesen Sie einen umfassenden Hintergrund zur Wahl in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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