Das Interview, das der Milliardär und Tech-Unternehmer Elon Musk jüngst mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump führte, ruft erwartungsgemäß extreme Reaktionen hervor. Auf der einen Seite diejenigen, die Musk als anti-woken Verteidiger der freien Rede feiern, der auf seiner Plattform „X“ jedem eine Bühne gibt, mag er auch noch so daherschwurbeln. Auf der anderen Seite diejenigen, die das Gespräch am liebsten vorab zensiert hätten und hinter jedem Format, das mit dem Label „Trump“ versehen ist, gleich „schädliche Inhalte“ vermuten.
Dass Musk ein Interview mit Trump führt, ist weder überraschend noch verwerflich. Der Tesla-Gründer bekennt sich schon seit einiger Zeit als Unterstützer Trumps, schießt Dutzende Millionen US-Dollar in dessen Wahlkampagne. Und natürlich steht es beiden zu, von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch zu machen.
Eliten-Kritik ohne ideologische Scheuklappen
Kritik ist jedoch dann angebracht, wenn man die Rolle Elon Musks als einflussreiche Figur auf dem politischen Schachbrett näher betrachtet. Wenn der 53-Jährige, der als reichster Mann der Welt gilt, seine wirtschaftliche Macht nutzt, um die eigenen politischen Wunschvorstellungen durchzusetzen, dann müsste dies eigentlich für einen viel größeren Aufschrei sorgen. Denn Musk mischt sich nicht nur in Amerika ein, sondern versucht auch zunehmend, auf die Politik in Europa Einfluss zu nehmen.
Trump-Fans dies- und jenseits des Atlantiks sind schnell zur Stelle, wenn es darum geht, einer abgehobenen linken Elite den Kampf anzusagen, die sich mit ihren Milliarden in einer Blase bewegt und der man unterstellt, sich kaum um die Sorgen der „kleinen Leute“ zu scheren. Diese Diagnose mag durchaus zutreffen.
Eine solche Elite gibt es allerdings auch rechts: Dass Elon Musk im obersten Stockwert des elitären Elfenbeinturms sitzt, scheint für manche keine Rolle zu spielen, solange er auf der richtigen Seite steht. Wenn man sich schon über abgehobene Eliten beklagen will, dann nicht mit ideologischen Scheuklappen. Sonst geht es nämlich doch nur darum, der eigenen Position im Kulturkampf zum Sieg zu verhelfen.
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