Gäbe es eine Auszeichnung für den republikanischen Spitzenpolitiker, der dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden am härtesten Paroli bietet, Greg Abbott hätte die besten Aussichten, den Preis zu gewinnen. Der Gouverneur des Bundesstaates Texas sorgt derzeit im Wochentakt für Schlagzeilen, indem er sich dezidiert von der demokratischen Regierung in Washington abhebt.
Verfechter konservativer Gesellschaftspolitik
So steht Abbott etwa für eine restriktive Einwanderungspolitik; in der Transgender-Debatte vertritt der 63-Jährige konservative Positionen. Er dürfte bald ein Gesetz unterzeichnen, das Schüler verpflichtet, an dem geschlechterspezifischen Sportunterricht teilzunehmen, der ihrem biologischen Geschlecht entspricht. Und in der Corona-Pandemie war Abbott, verheiratet und Vater einer erwachsenen Adoptivtochter, stets darauf bedacht, die persönlichen Freiheiten des Einzelnen zu garantieren, oft zu Lasten konsequenter Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus. Erst vor wenigen Tagen erklärte der studierte Jurist, der bereits seit 2014 das Amt des Gouverneurs innehat, die von Biden verordnete Impfpflicht für Mitarbeiter von Bundesbehörden und privaten Unternehmen gelte in Texas nicht.
Die höchsten Wellen schlug jedoch ein von ihm unterzeichnetes, im September in Kraft getretenes restriktive Abtreibungsgesetz, das Abtreibungen ab der sechsten Schwangerschaftswoche verbietet. Abtreibungsgegner jubelten, bei Abtreibungsbefürwortern stieß das Gesetz auf heftige Ablehnung.
Texas gilt als einer der konservativsten Bundesstaaten überhaupt, als republikanische Festung. Bei den Wählern kann Abbott mit seinem Kurs daher mühelos Punkte sammeln. Das Auftreten des Republikaners, der stets bedingungslos hinter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump stand, lässt natürlich Spekulationen aufkommen, er strebe eine Präsidentschaftskandidatur an. 2022 endet seine zweite Amtsperiode als Gouverneur – ihm bliebe ausreichend Zeit, um eine aussichtsreiche Wahlkampagne für 2024 zu lancieren.
Seit dem 27. Lebensjahr im Rollstuhl
Sollte er tatsächlich um den Einzug ins Weiße Haus kämpfen, wäre dies nicht die härteste Schlacht, die Greg Abbott in seinem Leben geschlagen hat. Seit seinem 27. Lebensjahr sitzt er im Rollstuhl. Bei einer Joggingrunde verletzte ihn ein umstürzender Baum so schwer an der Wirbelsäule, dass er von der Taille abwärts gelähmt ist. Noch heute trägt er zwei Stahlstangen in seinem Rücken, um die verletzten Wirbel zu stabilisieren.
Über seine religiöse Prägung sagt Abbott, der als junger Erwachsener zum katholischen Glauben konvertierte, Glaube und Religion hätten schon von Kindheitstagen an eine essenzielle Rolle in seinem Leben gespielt. So sei es auch der Glaube an Gott gewesen, der ihm bei seinem schweren Genesungsprozess geholfen habe. Dieser habe seinen Glauben zwar auf die Probe gestellt. Schnell habe er jedoch realisiert, „dass Gott manchmal einen anderen Weg vorgesehen hat, als wir denken“.
Für Greg Abbott könnte dieser Weg noch lange nicht zu Ende sein. Was auch immer die politische Zukunft für ihn bereithalten mag: Mangelndes Rückgrat kann man ihm nicht vorwerfen – im Gegenteil. Gregg Abbott hat ein Rückgrat aus Stahl.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.