32 Frauenheilkundler und Geburtsmediziner appellieren in einem Offenen Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, dem „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs“ (Bundestagsdrucksache 20/13775) „nicht zuzustimmen“. Wie die Ärztinnen und Ärzte schreiben, bedauerten sie, dass in der Diskussion „der ärztlichen Stimme bisher kaum Beachtung geschenkt wurde“. Nach Ansicht der Unterzeichner, unter ihnen zwölf zwölf Professoren, verstoße der von 326 Abgeordneten in den Bundestag eingebrachte Gesetzesentwurf gegen Artikel 2, Absatz 2, Satz 1 („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“) und Artikel 3, Absatz 1, Satz 1 („Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“) des Grundgesetzes.
Zudem verletze der Gesetzesentwurf „die ärztliche Autonomie“. „Auch wenn jeder Mensch selbst darüber entscheiden kann, ob und unter welchen Umständen er Kinder bekommt“, dürfe dies nicht bedeuten, „dass bereits bestehendes ungeborenes Leben durch Ärztinnen und Ärzte auf Verlangen beendet werden muss“. „Als Ärztinnen und Ärzte bestehen wir darauf, dass auch bei einer Divergenz zwischen mütterlichem Interesse an Selbstbestimmung und der Gewissensfreiheit der behandelnden Ärztinnen und Ärzte keine staatlichen Eingriffe in die Arzt-Patientinnen-Beziehung vorgenommen werden. Eine Schwangere hat dabei immer das Recht, diese Beziehung einseitig aufzukündigen. Umgekehrt kann von uns keine Maßnahme verlangt werden, die wir nicht mit unserem Gewissen vereinbaren können.“
Versorgungslage ist nicht prekär
In dem Schreiben widersprechen die Unterzeichner auch der Behauptung, „dass die Versorgungslage prekär und es teilweise unmöglich sei, rechtzeitig Gesundheitsdienste bezogen auf eine Schwangerschaftsbeendigung in Anspruch nehmen zu können“. Weiter heißt es dort: „So wie es Familien in Deutschland zugemutet wird, tolerable Distanzen auf sich zu nehmen, um eine Kinderklinik zu erreichen, halten wir es auch für zumutbar, vergleichbare Distanzen für eine Schwangerschaftsbeendigung zurückzulegen.“
Zum Hintergrund: Das Statistische Bundesamt verzeichnet für Deutschland insgesamt 1.110 „Meldestellen zur Schwangerschaftsstatistik“ (Stand: 2. Quartal 2024). „Meldestellen zur Schwangerschaftsabbruchstatistik“ sind laut der Behörde „Kliniken und Arztpraxen, in denen grundsätzlich Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden“. Von diesen melden einige „zentrale ambulante OP-Praxen“ die tödlichen Eingriffe gleich für mehrere Arztpraxen. Mit anderen Worten: Es gibt also mehr als 1.110 Einrichtungen in Deutschland, die vorgeburtliche Kindstötungen durchführen. Diesen stehen laut einem Bericht der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ vom 14. November 2024 bundesweit 606 Kliniken mit Geburtshilfe gegenüber.
Embryo kein Teil des mütterlichen Organismus
Die Verfasser des Offenen Briefs weisen darin auch die Behauptung zurück, Embryonen oder Feten seien Teil des Organismus der Schwangeren. Zwar sei der Fetus „zeitlich begrenzt abhängig vom mütterlichen Organismus, aber er ist nicht Teil des mütterlichen Organismus“. Ärzte übernähmen (bei künstlichen Befruchtungen sogar ab der „Kernverschmelzung“) „Verantwortung für den ungeborenen Menschen bis hin zu vorgeburtlichen medizinischen Behandlungen und höchstqualifizierter Medizin“, um jedem Kind einen optimalen Start zu ermöglichen. „Es wäre paradox, von Ärztinnen und Ärzten parallel und zeitgleich zu verlangen, intrauterines Leben aktiv zu beenden und die Würde des betroffenen Feten sowie sein individuelles Recht auf Leben der Selbstbestimmung der Mutter ohne jegliche medizinische Notwendigkeit unterzuordnen“.
„Wenn Ärztinnen und Ärzte die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen ablehnen, dann nicht aus Angst vor juristischen Konsequenzen oder Stigmatisierung, sondern aus Respekt gegenüber der kindlichen Autonomie“. DT/reh
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