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Bamberg: Das fränkische Rom auf sieben Hügeln

Das tausendjährige Bamberg lebt: Ein historischer Stadtkern, 16 Museen und mehr als 1 300 Einzeldenkmäler laden zu einem Besuch in der Stadt an der Regnitz ein.
Abends in Bamberg
Foto: dpa | Das Alte Rathaus in der Bamberger Altstadt während des Übergangs vom Sonnenuntergang zur blauen Stunde. Dank der vielen Brücken über die Regnitz wird das Schiffer- und Fischerviertel liebevoll auch Klein-Venedig genannt.

Wo liegt heute das Herz von Bamberg? Beim Alten Rathaus, zwischen den Armen der rauschenden Regnitz mit ihren Wehren, Terrassen und Brücken, den wieder aufgebauten Mühlen, darunter dem „Zentrum Welterbe Bamberg“ in der alten Stelzermühle. Dorthin zieht es die Besucher der Stadt, oft als „Fränkisches Rom“ bezeichnet, weil Bamberg wie Rom auf sieben Hügeln errichtet ist. „Bamberg ist kein Freilichtmuseum, sondern eine lebendige Stadt“, auf diese kurze Formel hat es Bambergs OB Andreas Starke gebracht. Das „Zentrum Welterbe Bamberg“, eröffnet am 29. April 2019, erklärt auf 220 Quadratmetern, warum die Altstadt von Bamberg zum Unesco-Welterbe erklärt wurde, welche Aufgaben der Titel mit sich bringt und wo in der Stadt der Welterbe-Status unmittelbar erlebbar ist. Patricia Alberth, Leiterin des Zentrums, erklärt dazu: „Unser Antrieb war es, einen Ort zu schaffen, den die Menschen gerne besuchen und klüger wieder verlassen.“

Gegründet vom Heiligen Kaiser Heinrich II.

Auch der Standort des Zentrums ist welterbewürdig: Die ersten Mühlen in der Regnitz gehen zurück auf die Zeit von Stadtgründer Kaiser Heinrich II. im 11. Jahrhundert. Ein Plan von 1602 zeigt fünf Mühlen, bis zur Säkularisierung 1804 gab es einen Brudermühlverband, dann wurden Privatpersonen Mühlenbesitzer. Die Leibelmühle stürzte 1882 ein, die Kaufmannsmühle und die Sterzermühle wurden beim einzigen Luftangriff auf die tausendjährige Stadt am 23. Februar 1945 zerstört beziehungsweise schwer beschädigt. 2015 beschloss Bambergs Stadtrat, ein Welterbe-Besucherzentrum zu schaffen, weil die Stadt bereits seit 1993 auf der Unesco-Liste steht. Der Bamberger Architekt Heinz Rosenberg schloss die städtebauliche Wunde des letzten Weltkriegs mit dem „Zentrum Welterbe Bamberg“, einem Restaurant mit Außenterrasse und Blick auf das Alte Rathaus. Noch wichtiger ist, dass man darunter die Nutzbarmachung der Wasserkraft wieder aufgenommen hat: Eine 15 Tonnen schwere Kaplan-Turbine unter der Terrasse produziert seit Sommer 2018 Öko-Strom für 300 Bamberger Haushalte.

Den Bauarbeiten zur Schließung der Kriegslücke in der Regnitz gingen archäologische Grabungen voran, bei denen Motorboote und Taucher zum Einsatz kamen. Sie brachten mehrere Mühlsteine und rund 900 Gründungspfähle alter Mühlen vom 11. bis 18. Jahrhundert zutage. Die Fassadenreste der alten Sterzermühle wurden, obwohl nicht denkmalgeschützt, Stein für Stein abgetragen, gereinigt und in den Neubau integriert. Im Gegensatz zu einem klassischen Museum verzichtet das Besucherzentrum weitgehend auf Originalexponate. Vielmehr bezieht sich die Ausstellung auf den Stadtraum Bamberg und dient als „Lesehilfe“ für die historischen Plätze und Gebäude, welche die eigentlichen Exponate sind. Mehrere Gebäudemodelle veranschaulichen den frühmittelalterlichen und barocken Städtebau Bambergs. Pflanzstangen lenken die Aufmerksamkeit auf den Bamberger Erwerbsgartenbau seit dem Mittelalter, der mittlerweile in das Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde. Das Besucherzentrum soll und kann einen Stadtrundgang nicht ersetzen, sondern soll zu Erkundungstouren auch abseits der Hauptachse vom Alten Rathaus zum Dom anregen.

Viele Nationen besuchen Bamberg

Wir folgen einer japanisch-amerikanischen Ausflugsgruppe von einem Schiff durch den großen Torbogen in die neue Residenz, die auf dem Domberg gegenüber dem viertürmigen romanischen Dom liegt, zwischen 1697 und 1703 von Leonhard Dientzenhofer im Auftrag von Fürstbischof Lothar von Schönborn errichtet. Wir folgen der Gruppe in den Rosengarten der Neuen Residenz: Dort locken nicht weniger als 4 500 Rosen in 70 Beeten, in denen fette Puttis lachen, dazu gibt es einen herrlichen Blick auf die Dächer Bambergs und bis hinauf zu St. Michael, einer ehemaligen Benediktinerabtei. Die Japaner und Amerikaner müssen weiter, wir steigen durch das monumentale Treppenhaus in die Neue Residenz, wo man sehen kann, wie die Fürstbischöfe des Barock residierten. Denn nach langer Renovierungsphase und Corona-Pandemie bedingter Schließung sind die neu gestalteten fürstbischöflichen Appartements endlich dem Publikum zugänglich. Mit neuer Beleuchtung, neuem Lichtschutz und Klimaüberwachung. In den fürstbischöflichen Appartements (die Fürstbischöfe waren bis 1802 nicht nur die geistlichen, sondern auch die weltlichen Herrscher des Territoriums) finden sich Vor- und Audienzzimmer und der Rokoko-Billardtisch des Bischofs Adam Friedrich von Seinsheim, der leidenschaftlich gerne die Kugeln rollen ließ.

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Französische Tapisserien, Kommoden mit floralen Intarsien und kostbare Lüster schmücken die aufwendig restaurierten Räume. Nach der Säkularisierung war die Residenz Sitz der Wittelsbacher. In ihr wohnte ab 1863 das griechische Königspaar Otto und Amalie im bayerischen Exil. Der Kaisersaal im zweiten Stock ist Höhepunkt der barocken Ausstattung. Zwischen 1707 und 1709 brachte der Maler Melchior Steidl, geboren in Tirol, ein komplexes Bildprogramm als Fresken auf Wände und Decke, das zeigt, wie verbunden das Fürstbistum mit den Herrschern des Alten Reiches war. Dem Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn verdankt die Stadt Bamberg die Barockisierung. Denn er verfügte im Frühjahr 1700, dass nur noch Zuschüsse erhielt, wer im neuen Stil baute. Wer sich keinen Neubau leisten konnte, der renovierte die Fassade. So bekam Bamberg seine Barockfassaden, es muss ja nicht so überschwänglich sein wie am Böttinger-haus, mit dem der Kaufmann und Hofrat Johann Ignaz Tobias Böttinger zeigen wollte, wie weit es ein Bürger bringen kann.

Ein Rathaus wie ein Schiff

Wie ein Schiff liegt das Alte Rathaus in der Regnitz. Zwischen 1461 und 1467 errichtet, ist das bunt bemalte Gebäude heute Museum, das Meißener Porzellan und Straßburger Fayencen der Sammlung Ludwig zeigt. Im Viertel zwischen Rathaus und Domberg gibt es nicht nur zahlreiche Gasthäuser wie das Schlenkerla, in dem die Bamberger schon seit 1405 ihren Bierdurst mit Rauchbier (dafür wird Grünmalz nach alter Art über offenem Feuer gedarrt) löschen, sondern auch eine wachsende Zahl von renommierten Kunsthandlungen. Die Bamberger Kunsthändler laden seit mehr als 25 Jahren parallel zu den Wagner-Festspielen in Bayreuth zum Sommer der offenen Türen und präsentieren, wie alte Kunst zum modernen Lebensstil passt. Von der unteren Brücke am Rathaus und dem übergroßen Standbild der Kaiserin Kunigunde geht der Blick in das ehemalige Schiffer- und Fischerviertel, Klein-Venedig genannt. Dort starten am Kranen die Bootstouren auf der Regnitz.

Idyllischer Blick auf das Bamberger „Klein Venedig“.
Foto: photoauszeit/Wu | Idyllischer Blick auf das Bamberger „Klein Venedig“.

 

Bier- und Gärtnerstadt Bamberg

Unter der Woche sind es nur wenige Stände, erst am Samstag blüht der Grüne Markt voll auf und es wird deutlich, dass Bamberg nicht nur eine Bier-, sondern auch eine Gärtnerstadt ist: Immerhin gibt es noch zwei Dutzend Betriebe im Stadtgebiet. Auf den Ständen des Grünen Markts am Samstag auf dem Maxplatz türmen sich Rettich und Radieschen, Wirsing oder Spargel, Süßholz und Zwiebeln. Für ihre berühmten Zwiebeln akzeptieren es Bamberger, dass sie als „Zwiebeltreter“ bezeichnet werden. Der Gemüsegartenbau hat seit dem Mittelalter Tradition, Steckzwiebeln, Samen und Süßholz wurden weit über die Grenzen der Stadt hinaus „exportiert“. Erhalten sind die mittelalterlich strukturierten Hausgärten. Einmalig in Deutschland sind derartige Anbauflächen in einer Stadt, ebenso das Gärtner- und Häckermuseum in der Mittelstraße an der Haltestelle Ottokirche. Dort taucht der Besucher ein in die Lebenswelt einer relativ wohlhabenden Gärtnerfamilie um das Jahr 1900. Ein Rundweg mit 18 Stationen in der Gärtnerstadt vermittelt Wissenswertes und Praktisches zum Gartenbau. Im Rahmen des Projekts „Urbaner Gartenbau“ schlossen sich 19 Bamberger Gärtnerfamilien zusammen, um ihre Produkte besser zu bewerben und zu vermarkten, sprich eine wirtschaftliche Stärkung der Gärtnerbetriebe in Bamberg.

Bamberg, Oberzentrum des westlichen Oberfrankens, zählt zur Metropolregion Nürnberg und hat rund 77 000 Einwohner, mit wachsender Tendenz wegen der Universität. Damit ist Bamberg die größte Stadt Oberfrankens, der Großraum Bamberg hat rund 117 000 Einwohner. Bamberg ist überregional bekannt für seine vielfältige Biertradition. Von einst 68 Brauereien existieren noch acht Traditions-Betriebe. Inzwischen wächst die Zahl der Brauereien wieder, dazu kommen zahlreiche Hausbrauereien. Kein Wunder, dass in Bamberg an jeder Ecke ein Kneipe oder ein Keller locken, die Hopfenseligkeit gehört zu Bamberg wie der Barock.

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Wolfgang Hugo Andreas Starke Frühmittelalter (500 - 999) Fürstbischöfe Heinrich II. (HRR)

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