Die Entdeckung des Individuums und die Entstehung der Menschenrechte in der Neuzeit bilden zwei Seiten der einen christlich-humanistischen Medaille. Das Individuum wird im Kontext rechtlicher Verbindlichkeit zur Person. Personalität als die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung normierter Beziehungen hebt den Menschen aus der Schöpfung heraus. Der Mensch als „heilige Person“ ist unabhängig von seinen Fähigkeiten Rechtssubjekt. Die Genese der Menschenrechte könne daher mit Hans Joas als Ausdruck eines „Sakralisierungsprozesses des menschlichen Wesens“ verstanden werden, meint der Philosoph und "Tagespost"-Autor Josef Bordat.
In seinem Essay für das Ressort „Glaube und Wissen“ zeigt Bordat, dass diese Entwicklung keineswegs nur linear verlief, sondern – etwa im 20. Jahrhundert – auch erhebliche Rückschläge erlitt: So sind Faschismus und Kommunismus anti-individualistische Ideologien, die Ordnungsstaaten zu Lasten des Einzelnen begründeten.
Freiheit, Gewissen, Würde, Personalität, Subjektivität und Autonomie sind nur individualistisch denkbar
Bordat zufolge ist das Individuum geradezu „konstitutiv“ für die Menschenrechtsidee. Denn Menschenrechte sind Individualrechte. Kernkonzepte dieser Idee (wie Freiheit, Gewissen, Würde, Personalität, Subjektivität, Autonomie) seien daher auch „nur individualistisch denkbar“. Das zeige sich auch in den beiden entscheidenden ideengeschichtlichen Quellen der Menschenrechte: dem christlichen Denken von der Gleichrangigkeit der abbildlichen Geschöpfe Gottes und der Heiligkeit der menschlichen Person mit ihrer unendlich wertvollen Einzelseele sowie dem neuzeitlichen Denken vom Individuum als Träger unveräußerlicher Bedürfnisse, die in eine Rechtsform zu überführen sind, damit sie im Zweifel auch gegen die Gemeinschaft (also: gegen den Staat) wirksam werden können. DT/reh
Den ganzen Artikel von Josef Bordat lesen Sie in der Weihnachtsausgabe der „Tagespost“.