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Lasst die Kinder aus dem Spiel

Egal ob „Drag Kings“ in Vorlesestunden oder ideologisierte Familienbilder in der Kita: Übergriffe in die Lebenswelt von Kindern gehören geächtet.
Diskussion um Kinderlesung von Drag Queens
Foto: Lennart Preiss (dpa) | Mit einem Plakat wirbt eine Stadtteilbibliothek in München für eine Lesung. Eine Lesung für Kinder sorgt in München für heftige Diskussionen.

Wenn es um Kinder geht, sollten ideologische Grabenkämpfe keine Rolle spielen – sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Nicht nur, dass sie Opfer ideologischer Übergriffigkeit werden: Wer Widerspruch wagt, soll mit dem üblichen Framing, seine Haltung sei „rechts“, mundtot gemacht werden. Dass sich diese Eskalation vorrangig auf Twitter abspielt, macht sie indes nicht weniger relevant: Tweets von heute sind die Schlagzeilen von morgen und vergiften mit ihrer genretypischen Radikalität und Eindimensionalität die reale Debatte.

Gezielte Verunsicherung kleiner Kinder

Zwei Vorgänge schlagen derzeit hohe Wellen, die, obgleich unterschiedlich gelagert, doch symptomatisch sind für den gegenwärtigen Umgang mit Menschen, die „woke“ Agenden kritisieren. Zum einen sehen sich bayerische Politiker, unter anderem der bayerische Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger, dem Vorwurf ausgesetzt, gegen „Weltoffenheit und Diversität“ zu sein, weil sie den Auftritt des Drag King Eric Big Clit in einer Vorlesestunde für Kinder ab vier Jahren ablehnen. 

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Es gibt sicher Drag und Drag – eher showbetonten und eher sexualisierten. Abgesehen davon, dass der Künstlername „Big Clit“, „Große Klit(oris)“ ja nun bereits über die Selbsteinordnung des Betreffenden einiges aussagt, hat keine Form von Drag etwas in der Welt von Vierjährigen zu suchen. Nun wird Twitter überflutet von der Behauptung, an Drag sei nichts Sexuelles, es sei lediglich Selbstdemaskierung, dass Konservative dabei sofort an Sex dächten, und so weiter.

Völlig aus dem Fokus gerät, dass auch die Inhalte der Lesestunde geneigt sind, Besorgnis zu erregen, sollen hier doch Geschichten wie „Jungs in Kleidern“ vorgetragen werden – eine gezielte Verunsicherung kleiner Kinder, denen etwas oktroyiert werden soll, das selbst in der Erwachsenenwelt Exotenstatus hat. Inhalt von Drag ist schließlich nicht eine „Normalität“, sondern im Gegenteil, ein bewusst exzentrisches Auftreten. Zu behaupten, die Ablehnung eines solchen Auftritts habe mit mangelnder Achtung von Diversität zu tun, ist daher hanebüchen.

Wichtiger Dienst an der Öffentlichkeit

Weniger drastisch, aber nicht weniger bedeutsam, ist die Affäre um den CDU-Politiker Tilman Kuban, der es gewagt hat, das Schreiben einer hessischen katholischen Kindertagesstätte öffentlich zu machen, die den Eltern mitteilt, dass in Zukunft keine Mutter- beziehungsweise Vatertagsgeschenke mehr gemeinsam angefertigt würden. „In der heutigen Zeit, in der die Diversität einen immer höheren Stellenwert erhält, möchten wir diese vorleben (…)“, heißt es in dem Schreiben, und: „Oft werden am Muttertag und Vatertag stereotypische Geschenke angefertigt, wie zum Beispiel Blumen für die Mutter oder Werkzeug für den Vater.“ Zudem nennt die Kita als Grund, dass die familiäre Konstellation aus Vater, Mutter und Kind heute nicht mehr der Norm entspräche; aus dem Schreiben geht hervor, dass man etwa Kinder schützen will, die keinen Vater in der Familie haben.

Die Veröffentlichung dieses Schreibens ist ein wichtiger Dienst an der Öffentlichkeit: Immer noch ist die Durchschnittsfamilie – und damit die Norm – in Deutschland eine Familie aus leiblichen Eltern und Kind oder Kindern. Wenn Kindergärtner, die an dieser Realität nah dran sein sollten, den Eindruck haben, dies sei keine Norm mehr, dann ist die Indoktrination durch pseudo-diverse Ideologie definitiv zu weit fortgeschritten, und das sollte die Öffentlichkeit mitbekommen. Der sensible Umgang mit Scheidungskindern ist ein wichtiges und löbliches Anliegen – im Schreiben liegt aber deutlich mehr Gewicht auf der Sorge darüber, dass Mütter Blumen und keine Schraubenzieher bekommen.

Nun wird Kuban dafür gegeißelt: Es handle sich um rechte Hetze, er habe einen Mob entfesselt. Eine Lesart, die bereitwillig übernommen wird, zum Teil selbst von katholischen Medien: So bezeichnet „katholisch.de“ den Politiker als „Populisten“ und leistet damit selbst einen maßgeblichen Beitrag zur Eskalation, die beklagt wird. Dass der Drang, Gegner der eigenen Agenda zu delegitimieren nicht einmal beim Kindeswohl Halt macht, dass Diffamierung selbst hier sachlichem Diskurs vorgezogen wird, ist skandalös.

Von twittergenerierter Empörung nicht einschüchtern lassen

„Sturmfest und erdverwachsen“, so heißt es in der Niedersachsenhymne und so beschreibt Kuban sich selbst auf seinem Twitterprofil. Eigenschaften, die nicht nur er brauchen wird in einer Welt, in der Befremden über den Versuch, Normalität unsichtbar zu machen, einen Sturm der Entrüstung auslöst. Man kann nur hoffen, dass er sich auch von den künstlichen twittergenerierten Empörung nicht einschüchtern lässt. Denn gleich wie heftig wir diskutieren und streiten: Übergriffe in die Lebenswelt von Kindern gehören geächtet – von allen politischen und gesellschaftlichen Fraktionen.

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Anna Diouf Hubert Aiwanger

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