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Geschlechtswechsel trotz Eltern-Veto?

Die Tochter will ein Junge werden, die Eltern sind dagegen – und verlieren das Sorgerecht. Ein Schweizer Fall illustriert, was auch auf Deutschland zukommen könnte.
CSD Freiburg
Foto: Andreas Haas / imago images (www.imago-images.de) | Politikum: wie umgehen mit Kindern, die überzeugt sind, im "falschen Körper" geboren zu sein? "Schutz" wird dabei jedenfalls sehr unterschiedlich definiert.

Geschlechtstransition gegen den Willen der Eltern? Ein Fall aus der Schweiz, den nun die christliche NGO „ADF International“ publik gemacht hat, wirft ein Schlaglicht auf  die Konflikte zwischen Eltern und Kindern, die im Kontext der immer häufigeren „Transition“ auch Minderjähriger auftreten können. Nach Angaben der Organisation hatte ein damals 13 Jahre altes Mädchen in Genf ihre Eltern damit konfrontiert, ihr Geschlecht wechseln zu wollen. Die hätten jedoch eine entsprechende, damals von Ärzten empfohlene Behandlung mit Pubertätsblockern abgelehnt und ihre Tochter stattdessen in die Psychotherapie geschickt. Diesem Vorgehen habe sich allerdings die Schule, die das Mädchen besucht, nicht angeschlossen – stattdessen sei dort die „soziale Transition“ unterstützt und die Schülerin als Junge behandelt worden: neuer Name, neue Pronomen. Als die Eltern, so ADF weiter, sich wehrten und dabei auch auf Länder verwiesen, die sich vom rein affirmativen Ansatz wieder verabschiedet haben, habe die Schule das Jugendamt und eine LGBT-Organisation eingeschaltet.

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Die Auseinandersetzung sei dann vor einem Familiengericht gelandet, das den Eltern das Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht ihrer Tochter teilweise entzogen habe; die mittlerweile 16 Jahre alte Jugendliche lebe in einer öffentlichen Wohnanstalt. ADF zitiert den Vater mit den Worten, die Sache sei „wirklich ein Alptraum“: „Unsere Tochter lebt jetzt in einem Jugendheim. Unser Zugang zu ihr wird durch die Regierung reguliert“. Auch die Mutter sei verzweifelt: „Wir wollen, dass unsere Tochter nach Hause kommt. Wir lieben und vermissen sie. Ich kann es nicht fassen, dass dein Kind weggenommen werden kann, nur weil du versuchst, es zu schützen.“ Aktuell stritten die Eltern mit dem Jugendamt vor Gericht über die Herausgabe der Personaldokumente ihres Kindes. Diese sind demzufolge nötig, um eine Änderung des rechtlichen Geschlechts vorzunehmen.

Selbstbestimmungsgesetz bald in Kraft

Von Interesse für Deutschland ist der Fall auch deswegen, weil das im April vom Bundestag beschlossene Selbstbestimmungsgesetz genau diese Fälle neu regelt – und zum August partiell, ab November dann vollständig in Kraft tritt. Minderjährige über 14 Jahren, die ihren Geschlechtseintrag im Personenregister ändern wollen, bedürfen dazu zwar der Zustimmung ihrer Eltern – im Streitfall allerdings sieht es anders aus: „Stimmt der gesetzliche Vertreter nicht zu, so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht.“ (Art.1 §3 Abs. 1 SBGG)

Die Änderung des Geschlechtseintrags wiederum muss drei Monate im Voraus beim Standesamt angemeldet werden. Möglich wird dies in der kommenden Woche: Ab 1. August kann jeder, der sein Geschlecht vor dem Gesetz ändern will, sich dazu anmelden, ab 1. November wird das bisher gültige Transsexuellengesetz dann vollständig vom Selbstbestimmungsgesetz ersetzt. Wie viele Menschen das neue Gesetz nutzen werden, dürfte sich also bald zeigen.

Der „Erfolg“ einer schon einige Zeit zurückliegenden Änderung des Personenstandsgesetzes ist jedenfalls eher bescheiden, wie Anfang Juli bekannt wurde. Schon seit Dezember 2018 können Personen, die sich weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, bzw. bei Geburt keinem Geschlecht zugeordnet wurden (was seit 2013 möglich ist), für sich den Eintrag „divers“ im Personenstandsregister wählen. Die Möglichkeit wurde nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geschaffen. Eine intersexuelle Person hatte dagegen geklagt, sich für „männlich“ oder weiblich“ entscheiden zu müssen. Gemäß dem Zensus 2022 lebten zum Stichtag im Mai 2022, mehr als drei Jahre später, aber nur 2.228 Menschen in Deutschland, die weder als männlich, noch als weiblich registriert waren – 969 Diverse und 1.259 Menschen, die keine Angabe über ihre Geschlechtszugehörigkeit gemacht hatten. (jra)

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