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Immer wieder samstags

Das Kreuz Jesu ähnelt ja auch einem Pflaster, das sich auf die Welt legt: Von kleinen und großen Wunden und ihrer Heilung.
Pflaster auf Kinderbein
Foto: imago stock&people (imago stock&people) | Wer lebt, verletzt sich. Aber was ist mit den Wunden, die zu groß für ein Pflaster sind?

Als ich meinem Mann von der geplanten Überschrift der neuen Kolumne erzähle, hört er kurz auf zu atmen und sieht mich an mit diesem ernsten Blick, den er immer hat, wenn er sich ernsthaft bedroht fühlt. Das wäre jetzt endgültig zu persönlich, meint er schließlich. Aber sie gehören nun mal zu unserem Leben, diese Samstage, an denen unsere Tagesplanungen völlig kollidieren und uns immer wieder die Notwendigkeit heiler Beziehungen klar wird. Von „Wir lassen es ruhig angehen“ bis „Heute kernsanieren wir das Haus“ scheint da alles möglich – das führt oft zwangsläufig zu Meinungsverschiedenheiten, die sich mal in leisem Grummeln, mal in lauteren Tönen bis hin zur unsachgemäßen Behandlung von Hausrat entladen können. Ohne ins Detail zu gehen, hier ein Rat: Sollte bei Ihnen mal eine Glastür (prima geeignet zur akustischen Untermalung des eigenen Standpunktes) kaputtgehen, bei Ebay Kleinanzeigen gibt es tolle gebrauchte für wenig Geld. Zum Glück kann man vieles wieder in Ordnung bringen. Und dankenswerterweise kommt ja immer wieder der Sonntag.

Egal, was passiert, ein Pflaster ist für unsere Kinder das allgegenwärtige Allheilmittel für jede Krankheit. Ein blutendes Knie, Schmerzen im Bauch, im Auge und sogar bei Zahnschmerzen. Auch bei elterlichen Kopf- und Ohrenschmerzen sollen Pflaster, auf Kindermund appliziert, wahre Wunder wirken.

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Es gibt natürlich Auas, die so schwer sind, dass ein Pflaster nicht hilft. Dann braucht man zwei Pflaster. Die werden meist kreuzförmig über der verwundeten Stelle montiert. Ein schönes Zusammentreffen, denn das Kreuz Jesu ähnelt ja auch einem Pflaster, das sich auf die Welt legt. Man hat manchmal das Gefühl, dass der liebe Gott im Moment beim Verpflastern der Welt kaum hinterherkommt ...

Was wäre, wenn Du morgen tot bist?

Wer mich beim Thema Heilung besonders inspiriert hat, war vor einiger Zeit ein über Youtube und verrückte Erfindungen bekannt gewordener junger Mann, der mit Anfang 20 an Krebs starb, Philipp Mickenbecker. Der Dokumentarfilm über ihn kam 2023 in die Kinos. Freundschaft, Tod, Glaube, Treue, Freude am Leben und im Tod, das sind Themen des Films. Der Regisseur Lukas Augustin, ein Freund von uns, lud uns zur Premiere des Films in Berlin ein. Es war ein aufregender und beeindruckender Abend. Noch schöner als die festliche Atmosphäre war der beeindruckende Film über einen Menschen, der die Hoffnung auf Heilung nie aufgegeben hat. Jede Äußerung von Philipp strahlt eine tiefe Verbundenheit mit einem Gott aus, der ihn auch in den schwersten Stunden seines Lebens nicht loslässt. Nicht unerwähnt bleibt sein vorheriges Ringen um diesen Glauben und die Suche nach diesem Gott, den er lange für nicht möglich hielt. Es bleibt die Frage, warum ihn Gott, auf den er so vertraut hat, dem er die Heilung selbst in der aussichtslosesten Situation zugetraut hat, nicht geheilt hat.

Samuel Koch gibt ihm am Sterbebett dazu einen Gedanken auf den Weg. Heilwerden im körperlichen Sinn ist für ihn nicht das Entscheidende. Mit Frieden im Herzen mit sich selbst und den Mitmenschen leben und so dann auch sterben können. Das ist Heil. Philipp stellt seinen Interviewpartnern oft die Frage: „Was wäre, wenn Du morgen tot bist?“ Für mich noch entscheidender: Was wäre, wenn morgen einer Deiner Lieben stirbt? Wenn keine Pflaster mehr helfen und kein Sonntag mehr auf den Samstag folgt. Mir fehlen die Antworten darauf, denn mein Herz steigt aus und will nicht darüber nachdenken. Ich kann nur immer wieder hoffen und darum beten, dass Gott genau dann wirkt, wenn unsere Pflaster nicht mehr helfen und die Bitte nach Heilung (noch) nicht beantwortet wird. Der Film über Philipp Mickenbecker „Real Life“ zeigt jedenfalls, wie nah man diesem heilenden Gott kommen kann.

Und da heute nicht Samstag ist, fällt es mir etwas leichter, dankbar auf meinen Mann zu blicken, der gerade mit den Kindern spielt und auf sie aufpasst. Von Zeit zu Zeit reiche ich ein Pflaster rüber, wenn das Geschrei zu laut wird, und überlasse ihm, wohin er es klebt.

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Simone Müller Jesus Christus

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