Über 150.000. So vielen Flüchtlingen soll Mussie Zerai schon das Leben gerettet haben. Immer wieder erreichen ihn Anrufe von Flüchtlingen, die auf dem Mittelmeer in Seenot geraten. Zerai übermittelt die Koordinaten der Boote an die italienische und maltesische Küstenwache. Bis zu 20 Anrufe am Tag erreichten ihn seit 2003. Doch inzwischen sind es weniger geworden, denn Bekannte des aus Eritrea stammenden Priesters haben inzwischen ein „Alarmtelefon“ eingerichtet, das von rund 300 Freiwilligen betreut wird.
Sowohl Auszeichnungen als auch Anklagen wegen Engagement
Sein Glaube ist für Zerai die Erinnerung, dass das Schicksal dieser Welt und seiner Bewohner nicht in seiner Hand liegt. Doch das muss er sich immer wieder in Erinnerung rufen. Als er bereits mehrere Jahre in der Seenotrettung aktiv war, habe sein Rektor ihn in sein Büro rufen lassen und gesagt: „Denk dran: Du bist nicht der Retter dieser Welt! Der Retter dieser Welt ist Jesus Christus. Du musst alles tun, was in deiner Macht steht, um diesen Leuten zu helfen, aber wenn du alles getan hast, was du kannst, dann überlass den Rest Gott.“ Zerai wiederhole diese Aussage für sich selbst täglich, wie er im Gespräch mit der „Tagespost“ sagt.
Für seine Tätigkeit erhielt der Priester der Eritreisch-Katholischen Kirche sowohl Auszeichnungen als auch Anklagen. Von der Organisation „Pro Asyl“ wurde er mit dem Menschenrechtspreis geehrt, 2020 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität von Luzern, 2015 wurde er gar für den Friedensnobelpreis nominiert. Zur selben Zeit wurde der Priester wegen Beihilfe zu illegaler Einwanderung angezeigt, die Anklage wurde inzwischen aber fallen gelassen. „Ein Teil der Politiker und der Medien kriminalisiert Solidarität, weil sie nicht wollen, dass Flüchtlinge ins Land kommen. Ich habe nichts Kriminelles gemacht. Ich klage nur die Verletzung der Menschenrechte an“, meint Zerai. DT/vwe
Wie Zerais Telefonnummer berühmt wurde und warum ihm der Wunsch Priester zu werden zunächst abgeschlagen wurde, lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.