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Medienkonsum schädigt frühkindliche Entwicklung

Eine Meinungsumfrage des Civey-Instituts befragte Eltern nach den Auswirkungen digitaler Medien auf ihre Kinder. Der frühkindliche Medienkonsum bleibt in der Entwicklung nicht ohne Folgen, bestätigt eine Expertin. 
Junge Kinder nutzen zunehmend Smartphones und Tablets.
Foto: IMAGO/William Perugini (www.imago-images.de) | Junge Kinder nutzen zunehmend Smartphones und Tablets.

Smartphones, Tablets und ähnliches werden zunehmend von jüngeren Kindern genutzt. Das ergibt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey unter Eltern zum Medienkonsum ihrer Kinder, die im Auftrag der Krankenkasse KNAPPSCHAFT durchgeführt wurde. Die Ergebnisse stimmen mit den Aussagen von Marion Kolb, der ärztlichen Leiterin der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Gelsenkirchen, überein. 

Nicht nur die Konzentrationsfähigkeit leidet 

Die Befragung hat gezeigt, dass 35 Prozent der Eltern eine schlechtere Konzentrationsfähigkeit der Kinder bei mehr Zeit am Handy oder PC bemerkten. Maria Kolb bestätigt diese Beobachtungen: „Bei zwei- bis fünfjährigen Kindern, die mehr als 30 Minuten am Tag Medien nutzen, finden sich vermehrt Sprachentwicklungsstörungen sowie Unruhe, motorische Hyperaktivität, Ablenkbarkeit und Konzentrationsstörungen.“ Diverse Studien kämen zweifellos zu dem Ergebnis, dass es einen Zusammenhang zwischen Mediennutzung und Entwicklungsstörung gibt. Sogar passiver Medienkonsum - ein laufender Fernseher im Hintergrund - wirke sich schon negativ aus. So werden Kleinkinder von ihren Spielen und sozialen Interaktionen abgelenkt, erklärt Kolb.

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Auch Schlafprobleme wurden von 20 Prozent der Eltern beobachtet. Zu hoher Medienkonsum könne das Schlafverhalten negativ beeinflussen. Folgen für Kinder seien Einschlafstörungen, Schläfrigkeit tagsüber oder verkürzte Schlafdauer. Die Ärztin beton: „Bereits bei Säuglingen gibt es einen Zusammenhang bezüglich Fütter- und Einschlafstörungen, wenn die primäre Bezugsperson während der Betreuung parallel digitale Medien nutzt.“

Das Alter ist entscheidend 

26 Prozent der Eltern waren der Meinung, dass Kinder frühestens mit neun bis zwölf Jahren Zugriff auf Handys und Tablets erhalten sollten. Kolb warnt vor zu frühem Medienkonsum. Die Weichen für den richtigen Mediengebrauch würden schon im Vorschulalter gestellt. Kleinkinder sollten gar keinen Zugang zu selbständiger Mediennutzung haben. Für ältere Kinder sollte es fixe zeitliche Regulationen geben (Richtwerte für Sieben bis Zehnjährige seien 45 Minuten, für Elf- bis13-Jährige 60 Minuten, ab 14 Jahren 90 Minuten). 

Treten aufgrund von Mediennutzung motorische, sprachliche oder sozioemotionale Entwicklungsstörungen sowie Kopfschmerzen und Schlafstörungen, sollte dringend professionelle Hilfe aufgesucht werden, rät Kolb. An der bundesweiten Civey-Umfrage nahmen insgesamt 2.000 Eltern teil, die Kinder bis zu 18 Jahren haben. 

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