„Wer ist der Boss, das Smartphone oder ich?“ Ein guter und sinnvoller Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln will erlernt sein. Dazu gibt es keine allgemeingültigen Sätze, sondern nur Anregungen. Eine erste lautet: Ein regelmäßiges Abschalten des Geräts zentriert die Aufmerksamkeit erneut auf die Mitmenschen.
Neuere Geräte auszuschalten ist gar nicht mehr so einfach
Waren die alten Mobiltelefone noch mit einem deutlich erkennbaren Ausschalter versehen, wird es bei modernen Geräten immer schwerer, sie auszuschalten. Viele Menschen, die man fragt, ob sie ad hoc sagen könnten, wie ihr Smartphone abzuschalten ist, schauen etwas ratlos. Bei jüngeren Geräten der Marke Samsung beispielsweise muss man erst das Menü herunterwischen und auf ein Icon klicken, welches das Abschaltmenü aufruft. Alternativ geht es auch über langes Drücken der Seitentaste und Auswahlmenü. Auch neuere iPhones schaltet man nicht mehr einfach mit einem langen Druck auf die rechte Seitentaste aus. Auch hier geht es über das Menü oder über eine Tastenkombination aus Lautstärke- und Seitentaste und dann über den optischen Schieberegler.
Das Abschalten zu erschweren, folgt einem Ziel. Das Gerät soll immer eingeschaltet sein und wir sollen immer bereit sein, Signale von dem Gerät zu empfangen und darauf zu reagieren. Reagieren wir, wie es erwartet wird, schüttet unser Gehirn Belohnungsbotenstoffe aus. Das ist eine Falle, denn weil wir belohnt werden wollen, schauen wir auf das Gerät, obwohl es kein Signal gibt. Irgendeine Neuigkeit gibt es immer. Ein solches Verhalten ist nicht unbedingt immer Anzeichen einer Smartphone- oder Internetsucht, ist aber trotzdem mitunter unangemessen. Auch in Gesellschaft starren oft viel zu viele unserer Zeitgenossen auf den Bildschirm, statt einander anzusehen. Bei Jugendlichen ist dieses Verhalten ebenso zu beobachten wie bei Erwachsenen.
Durch feste Abschaltzeiten gewinnt das Gerät an Wert
In der Familie kann es sinnvoll sein, Zeiten zu vereinbaren, in denen das Smartphone abgeschaltet ist. Abendessen in der Familie, gemeinsame Aktivitäten, ein Abend mit Kartenspiel oder auch ein gemeinsamer Film. Alles das könnte eine Gelegenheit sein. Es gilt, eine gewisse Souveränität darin zu entwickeln, das Smartphone zeitweise abzuschalten. Empfindet ein Familienmitglied das als Zwang, darf man ihm gegenüber ruhig darauf hinweisen, dass der dauernde Griff nach dem Smartphone ebenso ein Zwang ist.
Also: Handy aus! Eine Challenge in der Familie oder auch mit Freunden: Wer hat sein Handy als erster aus? Hat man sich erst einmal an Abschaltzeiten gewöhnt, wird man leicht feststellen, dass ein wertvolles Gerät wie ein Smartphone an Wert gewinnt, wenn es nicht ständig nach Aufmerksamkeit heischt. Es ist ein kulturelles Problem, wenn Geräte mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als Menschen. Abschalten hilft. Manche Geräte bieten inzwischen sogar die Möglichkeit, das Gerät zu festgelegten Zeiten automatisch abzuschalten. Außer dem kulturellen und dem sozialen Gewinn, das sei an dieser Stelle angemerkt, hat es auch noch einen positiven Effekt auf Lebensdauer und Leistungsfähigkeit der Smartphones, wenn man sie regelmäßig ausschaltet. Der Akku dankt es dem Benutzer, wenn er nicht im Dauerbetrieb leben muss. Computer neigen dazu, Jäger und Sammler zu sein. So sammelt auch das Smartphone im Laufe eines Tages vieles in seinen Speichern, das es nicht von selber löscht. So wird es immer langsamer. Einmal ausschalten löscht auch den gesamten Arbeitsspeicher mit der Folge, dass das Handy wieder schneller wird.
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