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Schicksalsjahr 1923

Für „die Tagespost“ rezensiert Markus Günther „Ruhrbesetzung 1923. Ein Jahr spricht für sich.“ von Werner Boschmann.
Während der Ruhrbesetzung 1923 gingen die Franzosen nicht zimperlich vor.
Foto: o.Ang./Bundesarchiv | Mit gefälltem Bajonett gegen einen Greis. Während der Ruhrbesetzung 1923 gingen die Franzosen nicht zimperlich vor.

Bücher über das bald 100 Jahre zurückliegende Jahr 1923 sind aktuell im Trend, kehrt doch seit kurzem die Inflation in lange nicht gekanntem Maße zurück. Zwar sind die aktuellen Zahlen von der Hyperinflation, die 1923 ihren Höhepunkt fand, noch weit entfernt, doch für die spezifisch deutsche Wahrnehmung von Geldentwertung bleit die Erfahrung der Hyperinflation weiterhin prägend. Thema des Buches von Boschmann ist die damit in enger Verbindung stehende Ruhrbesetzung im gleichen Jahr. Für Günther dennoch ein „ganz anderes, überraschendes Buch“, sei in Deutschland doch „ein geradezu pathologisches Vergessen, das auch noch dadurch begründet und scheinlegitimiert wird, dass man es für politisch geboten hält, sich von verfänglichen Themen fernzuhalten“ endemisch.

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Historische Schatztruhe

Aus der Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Soldaten zur gewaltsamen Eintreibung der Versailler Reparationsleistungen schlugen die Nationalsozialisten politisches Kapital. Boschmann jedoch gehe es nicht um politische Urteile, sondern darum „Geschichte zu erzählen, indem die Zeitgenossen selbst zu Wort kommen“. Herausgekommen sei eine „historische Schatztruhe, in der sich Überraschendes, Erschreckendes, Berührendes“ finde – vom „Essener Blutsamstag“ mit seinen 13 Todesopfern bis zum „Dattelner Abendmahl“, auf dem französischer Besatzer und örtlicher Bürgermeister vor dem Altar symbolträchtig die Feindseligkeit überwinden konnten. „Wer Geschichte verstehen will, sollte erst einmal lernen, gut zuzuhören“, fasst Günther die Grundidee von Boschmanns kleinteiligen, stark auf Zeitzeugenberichte abstellenden Ansatz lobend zusammen.  DT/jra

Was es mit der Dortmunder Bartholomäus-Nacht auf sich hat und viele weitere interessante Details lesen Sie in der vollständigen Rezension, die in der Literaturbeilage der kommenden Tagespost zu finden ist.

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