Die beiden Space-Opera-Filme, „Rebel Moon - Teil 1: Kind des Feuers“ (erschienen im Dezember 2023) und „Rebel Moon - Teil 2: Die Narbenmacherin“ (erschienen im April 2024) von Regisseur Zack Snyder wurden von Netflix zunächst in einer relativ familienfreundlichen Rumpffassung herausgebracht. Dabei versprach der Streamingdienst damals schon, dass es bald auch eine Langfassung seines von den Kritikern zerrissenen Zweiteilers geben würde. Diese sollte dann die eigentliche Vision Zack Snyders für sein großes Herzensprojekt zum Ausdruck bringen und viel expliziter sein, was Gewaltdarstellungen anbetrifft.
Wenn ein Film 3,5 Stunden dauert, muss er etwas bieten
Zack Snyder („Justice League“, „Watchmen“, „300“) ist dafür bekannt, dass er gerne mitunter extralange Director´s Cuts nachlegt, wenn die veröffentlichten Versionen seiner Werke nicht seiner ursprünglichen Vision entsprechen. Nun liegen uns die beiden Director’s Cuts von „Rebel Moon 1“ und „Rebel Moon 2“ seit Anfang August bei Netflix zum streamen vor. Beide Teile haben dabei jeweils neue Zusatztitel erhalten. Der Erste heißt nun „Kelch des Blutes“ und der Zweite „Fluch der Vergebung“. Und tatsächlich haben beide Teile jetzt zahlreiche inhaltliche Erweiterungen bekommen und zudem noch mehr Gewalt, blutige Schlachten, Sexszenen und Nebenhandlungen zu „bieten“.
Waren die ursprünglichen Filme mit 134 Minuten bei Teil 1 und 122 Minuten bei Teil 2 für viele Kritiker eigentlich schon deutlich zu lang geraten, beträgt nun die Laufzeit von Teil 1 ganze 204 Minuten und von Teil 2 immerhin noch 173 Minuten. Insgesamt laufen damit die beiden neuen Director’s-Cut-Fassungen zusammengenommen mehr als zwei Stunden länger als die vorherigen Filme. Bringt die neue Mammut-Version nun eine Kehrtwende bei der Kritik und lässt das ganze bisherige Werk in einem neuen Licht erstrahlen? Immerhin hat Zack Snyder in der Vergangenheit immer wieder eindrucksvoll bewiesen, dass er gute Director's Cuts machen kann. Der Spezialist für visuell ausufernde Special-Effekt-Spektakel hat ein gutes Gespür für seine Geschichten – und weiß oft ganz genau, an welchen Stellschrauben es sich noch zu drehen lohnt. Bereits mit der Kinofassung von „Watchmen - Die Wächter“ (2009) bescherte er uns eine der besten Comic-Verfilmungen, die je gedreht wurden. Im später erschienen Director's Cut sowie im Ultimate Cut von „Watchmen“ machte er aus einem ohnehin schon herausragenden Film, ein regelrechtes visuelles Ereignis. Dasselbe gilt für den vierstündigen (!) „Zack Snyder's Justice League“-Cut, der mit dem ursprünglichen „Justice League“- Film (2017) nicht mehr allzu viel gemeinsam hat. Ist nun auch „Rebel Moon“ in seiner epischen Langfassung von 6 Stunden und 17 Minuten zu einem neuen Geniestreich geworden?
Extralang ist nicht immer extragut
Nein, denn länger ist nicht immer gleichbedeutend mit herausragender. Jedoch sind die neuen Fassungen eindeutig die besseren Versionen im Vergleich zu der vorherigen Fassung geworden.
Man merkt dem ganzen „Rebel Moon“–Projekt, das ursprünglich auf sechs Filme ausgelegt war, eindeutig an, dass Zack Snyder sich damit einen Kindheitstraum erfüllt hat, der ihm mit einem Budget von 166 Millionen US-Dollar endlich ermöglichen konnte, seine eigene Version eines „Star Wars für Erwachsene“ wahr werden zu lassen und sich dabei reichlich eklektizistisch bei Klassikern wie Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“, Peter Jacksons „Herr der Ringe“ und Quentin Tarantinos „Inglourious Bastards“ zu bedienen. Zack Snyders Vision erschöpfte sich aber leider von Anfang an in generischen Handlungshülsen, schlechten CGI-Effekten und weitgehend flach geschrieben und uninteressanten Figuren. Der Filmemacher reiht Zeitlupe an Zeitlupe, in denen er ästhetische Körper ins Bild rückte, verwendete zwischendrin aber auch extrem viel Zeit dafür, eher banale Dinge zu erzählen.
Neue Handlungsstränge erweitern das Filmgeschehen
Die gesamte Handlung des ursprünglichen, über vier Stunden langen Zweiteilers ohne Seele und Hirn, könnte man auch in einem Satz zusammenfassen: Die Heldin Kora (Sofia Boutella) und ihre Krieger-Freunde müssen ihren Planeten Veldt mit allen Mitteln vor der Willkür eines bösen Imperiums schützen. Jedoch bleibt das gefürchtete Imperium um Imperator Balisarius (Fra Free) weitgehend ein blasses Schreckgespenst, das nur durch General Noble (Ed Skrein) mit einer Mischung aus beeindruckender Physis und messianischem Größenwahn ausgestattet einigermaßen bedrohlich wirkt. Dabei entpuppte sich der zweite Teil in seiner ursprünglichen Fassung nach einem unnötig langen Beginn, weiterhin nervigen Zeitlupen, triefendem Pathos, hölzernen Dialogen, CGI-Overkill und klischeehaften Figuren im direkten Verhältnis zum ersten Teil zumindest in der zweiten Filmhälfte als ein durchaus spannender, ansehnlicher und rasanter Sci-Fi-Kriegsfilm mit explosiven Schlachten und Charakteren, für die man sich als Zuschauer plötzlich sogar zu interessieren begann.
In den Director‘s Cuts wird nun nicht nur Koras Hintergrundgeschichte erweitert, es kommt zudem noch eine komplett neue Geschichte der Nebenfigur Aris (Sky Yang) hinzu: Admiral Noble macht in der 20-minütigen Eröffnungsszene von Teil 1 ein weiteres Mal eindringlich klar wie moralisch verkommen er ist und dass selbst ein Darth Vader noch einiges von ihm in Sachen Grausamkeit lernen könnte. Es handelt sich dabei, wie bei Zack Snyder üblich, um eine stylisch gefilmte Sequenz, die durchaus gute Schauwerte hat. Eine wirkliche Existenzberechtigung hat sie jedoch nicht, weil sie bei der Figur des Admirals lediglich vorwegnimmt, was man bei seinem ersten Auftreten im ursprünglichen ersten Teil bereits gesehen hat.
Besser, aber noch nicht gut
Wer schon die vorherigen Versionen nicht mochte, wird mit den Director‘s Cuts ebenso wenig glücklich werden – andere Zuschauer wiederum könnten zufrieden sein. Wer die Filme noch gar nicht gesehen hat, sollte aber definitiv mit den Director’s Cuts beginnen, da diese trotz Redundanzen in sich runder und stimmiger wirken. Eine filmische Offenbarung sind sie jedoch weiterhin nicht. Die Actionszenen sind nun deutlich blutiger und mit dem Blut hat sich auch der Schnitt deutlich verbessert. Des Weiteren gibt es zwei Sexszenen mit Kora, die zwar nicht wirklich nötig sind oder den Film besser machen, aber immerhin eine gewisse dramaturgische Funktion erfüllen.
Ansonsten gibt es vor allem Handlungserweiterungen und detailliertere Charakterentwicklungen zu sehen: Unter anderem findet sich ein neuer Subplot um eine Cyber-Frau, die als Maschine des größten Mutterwelt-Raumschiffs fungiert. Eine Erweiterung stellen auch die Mönche in einer roten Robe dar, die nach jedem Mord von Noble an einem Anführer einen Zahn des Gemeuchelten einsammeln. Es gibt zudem mehr Szenen mit den Kopfgeldjägern, mehr Momente mit dem Roboter Jimmy (gesprochen von Sir Anthony Hopkins) und ein neues Ende.
Nur mit ausgeschaltetem Hirn zu goutieren
Die Director’s Cuts sind allein aufgrund der dynamischeren und intensiveren, zusätzlichen Actionszenen und mancher Hintergrundstorys die bessere Wahl. Die zwei zusätzlichen Stunden verbessern zwar die Tonalität der Filme und machen die Geschichte verständlicher und umfassender, verwandeln „Rebel Moon“ aber letztlich auch nicht in ein tiefgründiges und komplett anderes Filmerlebnis, da sie die Schwächen der Originalfilme nicht gänzlich beheben können.
Wer sich mit ausgeschaltetem Hirn von viel Pathos und ausufernder Action berieseln lassen möchte, darf guten Gewissens reinschauen. Wer jedoch bei einem Film Wert legt auf Herz, Seele und eine eigene Identität, der sollte sowohl die ultralangen Director‘s Cuts als auch die kürzeren Originalfassungen von „Rebel Moon“ lieber meiden.
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